182.1 Antrag auf einstweilige Verfügung (RA Willy Kahn und Wilhelm Jakob Kahn an das Amtsgericht München)

Materialitätstyp:

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  • Kopie
Datum: 1. Dezember 1932
Seite von 3

München, den 1. Dezember 1932.

An dasAmtsgericht München Streitgericht

Antragder Rechtsanwälte Dres. Willy Kahn undWilh. Jak. Kahn, München, Bayerstrasse 13in SachenKarl Kraus, Schriftsteller inWien III Hintere Zollamtsstrasse 3, z.Zt. in München, Antragsteller gegenN. Breidenbach, Photograf, Foto-Nadar, München, Pettenkoferstrasse 35,Antragsgegner wegeneinstweiliger Verfügung.

Ich lege dem Gerichte zwei eides-stattliche Versicherungen vor, aus denensich folgendes ergibt:

Der Antragsgegner ist Berufs- undPressephotograf. Er hat trotz viermaligerAbweisung eine photografische Aufnahmedes Antragstellers während einer Vorlesung,die dieser in München im Steinickesaal hieltgemacht. Dabei hat er den Antragsteller invier Posen aufgenommen.

Der Antragsteller wirkt als Schriftsteller und vor-tragender Künstler seit Jahrzehnten gegen die Presse und dieAuswüchse der Reklame. Er hat ein berechtigtes Interesse daran,dass sein Bildnis weder in der Tages-Presse noch in Zeitschriftengegen seinen Willen aufgenommen wird. Er hat weiterhin ein be-rechtigtes Interesse daran, dass er nicht in den von dem An-tragsteller photografierten Posen, die sich beim Vortrag ergaben,dargestellt wird und dass diese Darstellung in der Oeffentlich-keit verbreitet wird. Der Antragsteller ist deshalb nach denGrundsätzen des „Rechts am eigenen Bild“ berechtigt von demAntragsgegner zu fordern, dass er jede Handlung unterlässt, diediesem Recht widersprechen. §§ 12, 823ff. BGB, § 22 des Gesetzes,betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und derPhotografie.

Da grösste Gefahr besteht, dass der Antragsgegner dievon ihm aufgenommenen Photografien in der Oeffentlichkeit verbreitetoder veröffentlicht ist die Erlassung einer einstweiligen Verfü-gung zum Schutze des Antragstellers geboten. Das angerufene Gericht ist zur Erlassung dieser einstweiligen Verfügung zuständig.

Ich beantrage deshalb ohne mündliche Verhandlung folgen-de einstweilige Verfügung zu erlassen:

I. Dem Antragsgegner wird bei Meidung einer Geldstrafe in unbe-schränkter Höhe oder einer Haftstrafe bis zu 6 Monaten verbotendie von ihm am 30. November 1932 aufgenommenen photografischenBildnisse des Antragstellers zu verbreiten oder öffentlich zurSchau zu stellen.

II. Der Antragsgegner hat die vorbezeichneten photografischen Auf-nahmen (Platten oder Filme) und bereits gemachte Abzüge von

diesen Aufnahmen an einen vom Antragsteller zu beauftragendenGerichtsvollzieher herauszugeben.

III. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.