187.18 Brief RA Johann Turnovsky an Der Aufruf (verantw. Red. Friedrich Bill)

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Johann Turnovsky
Vodičkova
Prag
Datum: 8. Jänner 1934
Diktiersigle: Dr.T./M.

Empfänger

An: An den verantwortlichen Redakteur | der Zeitschrift | „Aufruf“ | Herrn Dr. Friedrich Bill
Krakovská 13
Prag II.
Seite von 2

In der Doppelnummer 6/7 IhrerZeitschrift vom 20. Dezember 1933 veröffentlichen Sie auf Seite197 unter dem Titel „Karl Kraus’ Abschied?“ eine Notizmit der von mir namens des Herrn Karl Kraus verlangten Berichtigung.Der erste Satz dieser Notiz lautet: „ Karl Kraus legt auf die Fest-stellung wert, dass wir in unserer ersten Novembernummer zehnVerszeilen aus der letzten ‚Fackel‘ ohne seine Einwilligungzitiert haben“.

Ich konstatiere, dass diese Formulierung unsereram 11.XII.1933 telefonisch getroffenen Vereinbarung widerspricht.Sie haben in Ihrem Briefe vom 5.XII.1933 ersucht, ich möge HerrnKarl Kraus Ihre Bitte vorbringen, er möchte in Anbetracht der indiesem Briefe geschilderten Verhältnisse von einer weiteren Verfolgungder Angelegenheit trotz seinem gesetzlichen Rechte abstehen.

In der telefonischen Rücksprache vom 11.XII.1933habe ich mich zu dem Inhalte Ihres Briefes vom 5.XII.1933 geäussertund Ihnen bekanntgegeben, dass Herr Kraus auf der Veröffentlichungder Berichtigung besteht und verlangt, dass ihr eine Bemerkung bei-gefügt werde, dass das in dem beanständeten Artikel veröffentlichteGedicht von Ihnen ohne Genehmigung des Autors abgedruckt worden ist.

Da Sie Ihre Zusage, die Berichtigung und den

Nachsatz, so wie er Ihnen von mir mitgeteilt wurde, zu veröffentlichen,nicht erfüllt haben, verlange ich als Rechtsanwalt des Herrn KarlKraus, die Veröffentlichung folgender Erklärung in der nächstenNummer Ihrer Zeitschrift:

„Erklärung.

Wir haben in der Doppelnummer 6–7 unserer Zeitschriftvom 20. Dezember 1933 geschrieben: Karl Kraus legt auf die Feststel-lung Wert, dass wir in unserer ersten Novembernummer zehn Verszeilenaus der letzten Fackel ohne seine Einwilligung zitiert haben.Diese Formulierung entspricht nicht dem Sachverhalt. Es lag keinErsuchen des Herrn Karl Kraus vor, dem wir entgegenkommen wollten,sondern wir hatten uns seinem Anwalt gegenüber verpflichtet, fest-zustellen, dass der Nachdruck des Gedichtes aus Nr. 888 der Fackel ohne Genehmigung erfolgt war.“

Sollte diese Erklärung in der nächsten Nummerdes Aufrufes nicht veröffentlicht werden, dann werde ich gezwungensen, gegen Sie nach dem Gesetze vom 24.XI.1926, Nr. 218 der Gesetzes-sammlung vorzugehen.

In vorzüglicher Hochachtung

Eingeschrieben.