189.5 Brief RA Johann Turnovsky an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

JUDr. JOHANN TURNOVSKY | Advokat
Vodičkova 33
Prag
Datum: 18.XII.1933
Betreff: Karl Kraus – Gegenangriff

Empfänger

An: P.T. | Herrn Dr. Oskar Samek, | Advokat
Reindorfgasse 18
Wien – XIV
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Doktor.

Wie Ihnen Herr Kraus sicherlich mitgeteilthaben dürfte, hatte ich Gelegenheit mit ihm die anhängigen Ange-legenheiten zu besprechen. Sie werden demnach wissen, dass wirin der Sache gegen den Gegenangriff übereingekommen sind, dieverstümmelte 5. Zeile des Gedichtes berichtigen zu lassen undgegen den verantwortlichen Redakteur und Autor des ArtikelsNachruf auf Karl Kraus“ wegen der im ersten Absatze diesesArtikels enthaltenen verleumderischen Beleidigungen nach demGesetze über den Schutz der Ehre vorzugehen.

Der Brief, in dem um Berichtigung auf Grunddes § 11 der Pressegesetznovelle ersucht worden ist, wurde am 11.l.M. rekommandiert aufgegeben, muss demnach am 12. l.M. dem verant-wortlichen Redakteur zugestellt worden sein. In der am 16. l.M.erschienenen, zum 17. l.M. datierten Nummer des „Gegenangriff“ istdie Berichtigung nicht enthalten, dagegen in der Rubrik „Tribüneder Leser“ ein mit Botho Laserstein gezeichneter ArtikelLanze für Karl Kraus“ aufgenommen. An diesen Artikel schliesstsich eine Anmerkung der Redaktion an, in der bemerkt wird, dassdas, was an dem beanständeten „Nachruf“-Artikel falsch war,berichtigt werden musste.

Ich sende Ihnen die Nummer 22 des Gegenan-griffes ein und bitte mir nach Rücksprache mit Herrn Kraus be-

kanntgeben zu wollen, ob ich das Verfahren gemäss § 14 derPressgesetznovelle wegen Unterlassung der Aufnahme der Berichti-gung einleiten darf.

Ich war jetzt einige Tage krank, wodurchdie Verfassung der Ehrenbeleidigungsklage verzögert wurde.Ich hoffe aber, dass ich in den nächsten Tagen bereits das Kon-zept zwecks Weiterleitung an Herrn Kraus werde einsenden können.

Der „AUFRUF“ ist bisher nicht erschienen. Ersoll als Doppelnummer morgen oder übermorgen herauskommen und,wie mir gesagt wurde, die verlangte Berichtigung mit dem Zusatze,dass das Gedicht ohne Genehmigung des Autors abgedruckt wordenist, enthalten. Die betreffende Nummer werde ich Ihnen gleich-falls einsenden.

Vorläufig erbitte ich mir Ihre Weisungenwegen der Eingabe zur Erzwingung der Berichtigung, die ichmöglichst bald überreichen möchte.

Indem ich Sie bitte, mich Herrn Kraus be-stens zu empfehlen, zeichne ich

mit vorzüglicher Hochachtung:Dr. Turnovsky

P.S.

Wollen Sie bitte die beigeschlossene Vollmachtvon Herrn Kraus unterfertigen lassen und mirsodann einsenden.

KrausGegenangriff19. DEZ. 1933