189.34 Brief RA Johann Turnovsky an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

JUDr. JOHANN TURNOVSKY | Advokat
Vodičkova 33
Prag
Datum: 29.I.1934

Empfänger

An: P.T. | Herrn Dr. Oskar Samek, | Rechtsanwalt
Reindorfgasse 18 –
Wien – XIV
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Doktor.

In der Angelegenheit KrausGegenangriff bestätige ich den Empfang Ihres Briefes vom 27. l.M. und teilehöfl. mit, dass eine ständige oberstgerichtliche Praxis in An-gelegenheiten nach dem neuen Gesetze über den Schutz der Ehreund nach der Pressegesetznovelle überhaupt noch nicht existiert.Es haben wohl früher Entscheidungen des Obersten Gerichtes daraufhingewiesen, dass zu einer Pressberichtigung derjenige berech-tigt ist, dem die Berichtigung zur Erhebung der Privatklagewegen strafbarer Handlungen gegen die Ehre für einen anderenzusteht. Diese Bestimmung ist im neuen Gesetze ausdrücklichenthalten und hat natürlich keine andere Bedeutung, als festzu-legen, dass auch andere als durch den berichtigten Artikeltangierte Personen zur Berichtigung legitimiert sind, nämlichGatten, Kinder, Enkel, Eltern, Grosseltern Verstorbener,gesetzliche Vertreter Entmündigter, dann vertretungsbefugteFunktionäre von Korporationen, juristischen Personen, etc.Damit ist natürlich nicht ausgedrückt, dass nur im Falleeiner Ehrenbeleidigung die in dem beleidigenden Artikel enthal-tenen Tatsachen berichtigt werden können und die Entscheidungist tatsächlich derartig unsinnig, dass es sich empfehlen wird,sie und die Entscheidung des Erstgerichtes der Generalprokuratur vorzulegen. Das Institut der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung

des Gesetzes besteht bei uns noch und ich werde versuchen, dieGeneralprokuratur zu veranlassen, sie möge die Nichtigkeitsbe-schwerde überreichen.

Mit dem Ausdrucke vorzüglicher Hochachtungergebener:Dr. Turnovsky

KrausGegenangriff30. JAN. 1934