189.58 Brief Samek an RA Johann Turnovsky

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Reindorfgasse
XIV., Penzing
Datum: 12. Juli 1934
Betreff: Kraus – Gegenangriff
Diktiersigle: Dr.S/Fa

Empfänger

An: Herrn | Dr. Johann Turnovsky, | Advocat
Vodickova 33
Prag II.
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Kollege!

Herr Kraus, dem ich Ihre Briefe vom9. und 10. Juli 1934 zur Einsicht übergeben habe, lässt Ihnenfür diese bestens danken, insbesondere für die Sorgfalt, mitder Sie die Zeitung durchgesehen haben, wodurch Sie auf dieeingesendete Bemerkung kamen. Was nun diese betrifft, so meinter, dass die Berichtigung eines Druckfehlers in dem Zitat derAnnonce wahrscheinlich nicht in Betracht kommt, schon wegender Judikatur, die ja die berichtigungsfähigen Tatsachen soerheblich einschränkt. Dagegen bin ich der Ansicht, dass, wo-ferne in der Tschechoslovakei noch das österreichische Bürger-liche Gesetzbuch gilt, gemäss § 1330 abGB eine Klage auf Wider-ruf und Veröffentlichung derselben eventuell auch auf Schaden-ersatz eingebracht werden kann. Denn die unwahre Behauptung,die Werke Karl Kraus’ würden im Ramsch verkauft, ist geeignet,den Kredit und den Erwerb des Herrn Karl Kraus zu gefährden,den Erwerb insbesondere deshalb, weil Leser das Werk nicht zuOriginalpreisen kaufen wollen, wenn sie gehört oder gelesenhaben, dass es verramscht ist, so dass der Absatz der Werkeauf grösste Schwierigkeiten stossen könnte. Allerdings gründetsich die Behauptung auf eine wörtlich gebrachte Annonce, aus

der hervorgeht, dass die Werke nicht im Ramsch verkauft sondernnur von einem anderen Verlag in Prag in Generalkommission über-nommen wurden. Die Lügenhaftigkeit der Behauptung widerlegtsich daher von selbst durch den Inhalt der Annonce. Immerhinbesteht aber doch die Gefahr, dass Leser nur die Behauptungerfassen und nicht die geistige Kontrolle ausüben.

Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mirmitteilten, wie sich die Sache nach tschechischem Recht ver-hält und welche Meinung Sie über die Durchsetzbarkeit des An-spruches haben.

Indem ich Ihnen noch die besten Grüsse desHerrn Kraus übermittle, zeichne ich, mit vorzüglicher kollegialer

HochachtungIhr ergebener

Betr. KrausGegenangriffexp. 12.7.1934.