189.81 Vorbereitender Schriftsatz (Übersetzung) im Stritte wegen Widerrufs nach § 1330 A.B.G.B. (Marie Schnierer)

Materialitätstyp:

  • Durchschlag
Datum: 18. Dezember 1934
Seite von 3

Uebersetzung des vorbereitenden Schriftsatzes der Dr. Marie Schnierer im Stritte wegen Widerrufs nach § 1330 A.B.G.B.

Ich bestreite das gesamte Klagsvorbringen,insofern es in diesem Schriftsatze nicht ausdrücklich aner-kannt wird.

Wahr ist, dass ich Herausgeberin und ver-antwortliche Redakteurin der Zeitschrift „Der Gegen-Angriff“ binund der Kläger Herausgeber der Zeitschrift „Die FACKEL“ ist.

Unwahr ist jedoch die Behauptung, in derZeitschrift „Der Gegen-Angriff“ sei behauptet worden, derliterarische Nachlass des Klägers würde verramscht / Bemer-kung des Anwaltes des Klägers: der Ausdruck „im Ramschverkaufen“ konnte im Tschechischen nicht anders wiederge-geben werden, als etwa „zu reduzierten Preisen, um einenPappenstiel“. Die Uebersetzung ist von einem Dolmetsch be-glaubigt. /

In dem Artikel, dessen Inhalt ich nichtkannte, den ich weder gelesen, noch in Druck gegeben habe,wurde keinesfalls behauptet, dass Bücher oder der literari-sche Nachlass des Klägers zu reduzierten Preisen um einenPappenstiel verkauft würde, sondern es war mitgeteilt, dieserNachlass werde im Ramsch verkauft. Dies bedeutet sovielwie in Bausch und Bogen verkaufen oder ausverkaufen.

Der Kläger hat seine Bücher einem Prager-Verlag in Kommis-sion übergeben und dieser hat Inserate veröffentlicht, ausderen Inhalt der Leser mit Recht annehmen konnte, dass die Bücherdes Klägers tatsächlich zu etwas reduzierten Preisen ver-kauft würden. Im „Gegen-Angriff“ wurde dann nur das betref-fende Inserat mit einer Bemerkung abgedruckt.

Der Inhalt dieser Notiz war mir unbekannt und ich mussteihn auch gar nicht kennen, da es sich um eine unbedeutendeund unwesentliche Notiz gehandelt hat. Der Kläger behauptetauch gar nicht, dass ich die Notiz gekannt habe oder wusste,dass die in ihr enthaltene Mitteilung unwahr sei, sodassdie Voraussetzungen für die Geltendmachung des § 1330 A.B.G.B. subjektiv nicht gegeben sind. Allein auch in objektiver Hinsicht istder Tatbestand des § 1330 nicht gegeben, da weder der Kredit, nochder Erwerb, oder das Fortkommen des Klägers gefährdet erscheinen.Infolge der Verschiedenheit der vom Kläger vertretenen undin der Zeitschrift „Der Gegen-Angriff“ stets geäussertenAnsichten ist es vor allem unwahrscheinlich, dass überhauptLeser des Gegenangriff Werke des Klägers kaufen würden, diesemögen zu normalen oder zu herabgesetzten Preisen angebotenwerden. Deswegen kann keiner durch den im Gegenangriffveröffentlichten Artikel vom Kaufe der Bücher des Klägers abgehalten worden sein. Da überdies die Bücher ausschliess-lich im Verlage MELANTRICH verkauft werden, worauf im Inse-rat dieses Verlages besonders hingewiesen war, musste sichjeder Käufer notwendigerweise an diesen Verlag wenden, wenner Bücher des Klägers kaufen wollte, sodass jeder Käuferwissen musste, resp. wusste, dass nur die Preise diesesVerlages, mögen es nun die normalen oder die herabgesetztensein, gelten. Es konnte daher kein Leser die Ueberzeugunggewinnen, dass die Bücher im Melantrichverlag billiger zuhaben sind, als anderswo, im Gegenteil durch die Notiz warer nur darüber informiert, dass diese Bücher ausschliess-lich im Melantrichverlag zu haben sind.

Beweis: Die Nummer des Gegen-Angriff, Zeugenschaft desFranz Weisskopf, Schriftstellers in Prag – VII,Letohradská 32, Parteienvernehmung.

Das Klagspetit ist unrichtig, insofernder Widerruf einer nicht behaupteten Tatsache, nämlich

dass der literarische Nachlass des Klägers zu reduziertenPreisen um einen Pappenstiel verkauft wird, begehrt wird.

Im Uebrigen ist das Klagspetit der Pressenovellenachgebildet, indem es im Gegensatze zu der Vorschriftdes § 1330 A.B.G.B. verlangt, der Widerruf möge in gleicherWeise und in der gleichen Stelle veröffentlicht werden, wieder zu widerrufende Artikel veröffentlicht war.

Der § 1330 A.B.G.B. sieht lediglich den Widerruf vor, keines-falls jedoch die Veröffentlichung in einer Form, die mit derSache nichts zu tun hat und die vom Kläger begehrt wird.

Beweis: Parteienvernehmung.

Deswegen wird die kostenpflichtige Abweisungder Klage beantragt.

Prag, am 18. Dezember 1934.Dr. Marie Schnierer.