189.103 Brief RA Johann Turnovsky an Samek
Materialitätstyp:
- Typoskript
Sender
JUDr. JOHANN TURNOVSKY | AdvokatVodičkova 33
Prag
Empfänger
An: Wohlgeboren Herrn | Dr. Oskar Samek, RechtsanwaltReindorfgasse 18
Wien – XIV.
Sehr geehrter Herr Doktor.
Ich bestätige dankend den Empfang Ihres Briefes vom21. d.M., zu dem ich Folgendes bemerke:
Ich habe dem Gegenanwalte die in Ihrem gesch. Briefevom 22.XII. v.J. aufgesetzte Satisfaktionserklärung nicht vorge-legt, sodass die Stipulierung der im Vergleiche festgesetztenErklärung nicht als ein Abgehen von dem früher verlangten Wort-laute und daher als Unsicherheit aufgefasst werden kann.
Ich möchte es gerne vermeiden, an den Gegner wegeneiner Abänderung der im Vergleiche festgelegten Fassung heran-zutreten, und zwar nicht nur deswegen, weil ich mit Dr. Stein weder mündlich, noch schriftlich verkehre, sondern hauptsächlichdarum, weil es mir wichtig scheint zu verhindern, dass er denbedingt abgeschlossenen Vergleich widerrufe und dies damitbegründe, ich hätte nachträglich eine andere als die vereinbarteFassung der Satisfaktionserklärung verlangt.
Wenn auch der letzte Satz der Erklärung in dervereinbarten Fassung nicht ganz richtig an den ersten Satz an-schliesst – ich habe leider auch übersehen, dass anstatt „Behauptun-gen“ „Beleidigungen“ hätte gesetzt werden sollen – so ist doch derSatisfaktionszweck auch in dieser Fassung erfüllt und ich glaube,
dass man diese logisch nicht unrichtige, wenn auch sprachlich nichteinwandfreie Fassung umso eher akzeptieren kann, als es ja Frau Dr.Schnierer und nicht Herr Kraus ist, der die betreffende Erklärungabgibt.
Wenn Dr. Stein, ohne dass eine Abänderung des Wortlautesder Satisfaktionserklärung verlangt wird, den Vergleich widerrufensollte, dann wird seine Mandantin sicherlich verurteilt werden.
Ich bitte Sie daher, sehr geehrter Herr Doktor, Herrn Kraus zu befragen, ob er nach Erwägung der hier dargelegten Gründe trotzdemwünscht, dass ich die Korrektur der Satisfaktionserklärung vom Gegner verlange. Ich bin natürlich bereit dies zu tun, glaube jedoch, dasses besser wäre es zu unterlassen. Ihre Rückäusserung müsste allerdingsspätestens am Montag früh bei mir einlangen.
Gleichzeitig wollen Sie mir bekanntgeben, ob ich in diesemFalle den Vergleich widerrufen soll, wenn Herr Dr. Stein eine Abände-rung des Wortlautes der Erklärung ablehnen sollte.
Mit dem Ausdrucke der vorzüglichen Hochachtung undergebenen Grüssen an Sie und Herrn Kraus, zeichne ich
als Ihr ergebener:Dr. Turnovsky
Kraus – Gegenangriff23. MRZ. 1935