189.125 Brief RA Johann Turnovsky an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

JUDr. JOHANN TURNOVSKY | Advokat
Vodičkova 33
Prag
Datum: 8.VII.1935
Betreff: Kraus – Gegenangriff

Empfänger

An: Herrn | JUDr. Oskar Samek, | Rechtsanwalt
Reindorfgasse 18
Wien XIV.
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Doktor!

Ich bestätige dankend den Empfang Ihres gesch.Schreibens vom 2. d.M., sowie des retournierten Klagskonzeptes mit denvon Ihnen beigefügten Ergänzungen.

Was nun Ihre Anfrage wegen Ueberreichung der Klage in meinemund Ihrem Namen gegen Dr. Kassowitz anbelangt, möchte ich bemerken:Es ist wohl wahr, dass wir beide „Krausanwälte sind“ und durch denbetreffenden Passus des inkrim. Artikels in beleidigender Weise apostro-phiert werden sollten. Allein weder Sie, noch ich wurden jemals in denArtikeln des Gegenangriffs namentlich angeführt, sodass der Leser nichtwissen kann, wer gemeint ist. Ich habe daher Bedenken, die Klage zu über-reichen, da ich befürchte, das Gericht könnte der zu erwartenden Vertei-digung des Angeklagten Recht geben und erkennen, dass die allgemeineBezeichnung „Krausanwälte“ ohne näheren Hinweis auf die Person dermit dieser Bezeichung Gemeinten, den strafbaren Tatbestand nicht er-füllt, zumal der Leser nicht wissen kann, wer gemeint ist.

Auch von der Ueberreichung der Strafanzeige wegen gefähr-licher Drohung glaube ich abraten zu müssen und zwar aus folgendem Grunde:

Der betreffende Absatz des Artikels kann wohl nicht anders,denn als Drohung gedeutet werden. Man müsste aber behaupten, HerrKraus sei durch diese Drohung in Furcht versetzt worden und ausser-dem müsste behauptet werden können, dass der Autor des inkrim. Ar-tikels in der Lage ist, das angedrohte Uebel tatsächlich gegenHerrn K. anzuwenden. Ich glaube, es hiesse, dem Gegenangriff zuviel Ehre antun, wenn man dies behaupten wollte und befürchte,dass im Falle eines Freispruches, resp. der Einstellung des Ver-fahrens, in neuen Artikeln auf dieses Verfahren hingewiesen werdenwürde, weswegen es voraussichtlich zu einer Erörterung des Mutpro-blems kommen würde, die uns zu abermaligem Einschreiten gegen die-se Zeitschrift veranlassen müsste.

Wenn Sie Gelegenheit haben, mit Herrn Kraus noch vor seinemUrlaubsantritt zu sprechen, dann bitte ich, ihm meine besten Grüs-se zu bestellen und ihm mitzuteilen, dass ich in Innsbruck denSchreiber jenes schönen Briefes, Herrn Doz. Dr. Schmuttermayer, auf-gesucht habe. Er ist, merkwürdigerweise, nicht identisch mit mei-nem gleichnamigen Kriegskameraden. Leider konnte ich mit ihm nurganz flüchtig sprechen, da er zu einem Patienten abberufen wurde,ich aber wieder wegfahren musste. Wir haben aber besprochen, dasswir, wenn irgend möglich, einander besuchen werden.

Ich bin mit den besten Grüssen an Sie in vorzüglicherHochachtung

Ihr ergebenerDr. Turnovsky

10. JULI 1935KrausGegenangriff