190.8 Brief RA Siegfried Wolf an RA Siegfried Kantor (Präsident der Rechtsanwaltskammer)

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Siegfried Wolf
Graben
I., Innere Stadt
Datum: 26. Februar 1934
Betreff: Kraus – Dr. Smetana
Diktiersigle: W/D

Empfänger

An: Wohlgeboren Herrn | Präsident Dr. Siegfried KANTOR, | Rechtsanwalt
Schottenring 26
Wien, I.
Seite von 2

Hochverehrter Herr Präsident!

Mit Bezugnahme auf eine Rücksprache, die ich mit Ihnenbetreffs einer von Herrn Karl KRAUS, Herausgeber der „Fackel“ inWien, wider Herrn Rechtsanwaltsanwärter Dr. Richard SMETANA einge-brachten Ehrenbeleidigungsklage vor deren Einbringung zu pflegendie Ehre hatte, gestatte ich mir Ihnen mitzuteilen, dass ich HerrnKarl KRAUS die von Ihnen gegebene Anregung der Inanspruchnahmeder ehrenrätlichen Tätigkeit des Ausschusses der Rechtsanwalts-kammer unterbreitet habe und dass mein Auftraggeber diese Anre-gung günstig aufgenommen hat. Ich bin demnach namens des HerrnKarl KRAUS bereit, die gegen Herrn Dr. SMETANA überreichte Privat-ehrenbeleidigungsklage ohne Anspruch auf Kostenersatz zurückzu-nehmen und die Beurteilung des Falles dem ehrenrätlichen Spruchedes Ausschusses der Rechtsanwaltskammer zu unterbreiten, wenn

Herr Dr. Richard SMETANA in der gleichen Weise mit der von ihmgegen Herrn Karl KRAUS überreichten Ehrenbeleidigungsklage vor-geht.

/1Zu Ihrer Information schliesse ich Ihnen hier sub ./1den Durchschlag der Ehrenbeleidigungsklage des Herrn Karl KRAUS/2und sub ./2 die Abschrift der Ehrenbeleidigungsklage des Herrn Dr.Richard SMETANA an. Es ergibt sich aus beiden Stücken, dass es sichum Vorfälle handelt, die schon teils während einer Zivilverhand-lung, teils nach ihrem offiziellen Schlusse sich ereignet haben.Diese Zivilverhandlung hat am 28. Dezember 1933 vor dem Zivillan-desgerichte Wien stattgefunden und es hat bei derselben HerrRechtsanwaltsanwärter Dr. SMETANA als Vertreter der beklagten Par-tei interveniert, während der persönlich erschienene Herr KarlKRAUS durch den Rechtsanwalt Dr. Oskar SAMEK vertreten war.

In beiden Fällen wurde bisher noch keine Hauptver-handlung durchgeführt.

Indem ich mir Ihre Mitteilung erbitte, verbleibe ichin besonderer Hochachtung

Ihr ergebener

27. FEB. 1934