192.20 Brief RA Johann Turnovsky an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

JUDr. JOHANN TURNOVSKY
Vodičkova 33
Prag
Datum: 28.XI.1935
Betreff: Fackel-Auslieferungsvertrag | / Kraus – Melantrich /

Empfänger

An: P.T. | Herrn Dr. Oskar Samek, Advokat
Reindorfgasse 18
Wien – XIV
Seite von 4

Sehr geehrter Herr Doktor.

Ich bestätige Ihnen den Empfang Ihresfrdl. Schreibens vom 26. d.M. und gestatte mir zur Aufklärung mei-nes Briefes vom 22. d.M. folgendes zu bemerken:

Ohne Berücksichtigung des Rechtstand-punktes, d.h. der Frage, ob der M.-Verlag berechtigt ist, dieHälfte des Verkaufserlöses der Bücher und die Hälfte des Verkaufs-erlöses der Fackelhefte á konto der Transportspesen zurückzuhalten,wäre die Verrechnung des M-Verlages richtig. Er hat auf beideAusgabenposten per 17.294.90 Kčdie von Herrn Dr. Lobkowicz erhaltenen 6.000 Kčund die in meinem Briefe vom 22.XI.1935 angeführten 3.912 Kč 20 hinsgesamt also 9.912.20 Kčverrechnet. Verbleiben also 7.382.70 Kč,welche er in seinem Aktivprozesse geltendmacht.

Da der Verlag „Die Fackel“ nur 3.441.68 Kč eingeklagt hat, soreicht die gutgeschriebene Summe von 3.912.20 Kč zur Kompensationaus und so ist eigentlich die Einrede der Kompensation zu verstehen.

Ich bin mir nicht klar darüber, ob ich

empfehlen soll, dass Herr K. zur Einvernahme nach Prag kommt.Normalerweise ist die Einvernahme vor dem Prozessrichter dervor dem ersuchten Richter vorzuziehen. Die Abneigung unseresProzessrichters, Aussagen zu protokollieren, die nicht unmittel-bar auf die einzelnen Streitpunkte Bezug haben, lässt mich an-nehmen, dass es vielleicht günstiger wäre, wenn Herr K. in Wien einvernommen wird. Allerdings nur dann, wenn Sie glauben, dassder Requisitionsrichter Herrn K. in seiner Aussage nicht behin-dern wird. Das Ersuchschreiben würde recht allgemein abgefasstwerden, da der Beweisbeschluss folgendermassen lautet: „Es wirddie Einvernahme der Prozessparteien über deren gesamtes Vorbrin-gen mit Ausnahme der zurückgenommenen die Propagandaspesen be-treffenden Kompensation zugelassen.“ Wenn Sie, sehr geehrterHerr Doktor, glauben, dass der Wiener-Richter auf Grund diesesBeweisbeschlusses ausführliche Depositionen des Herrn K. nichtvereiteln wird, dann ist es, wie ich glaube, für den Prozessgünstiger, wenn Herr K. in Wien aussagt, falls Sie jedoch irgend-welche Bedenken haben, dann wollen wir ihn doch lieber nach Prag bemühen und ich werde alles tun, um eine möglichst ausführlicheund die Aussage des Herrn K. getreu reproduzierende Protokollie-rung zu erwirken.

Bei dieser Gelegenheit bitte ich Herrn Kraus mitzuteilen, dass in der Sache AUFRUF / Dr. Bill, Ing. Butschowitz /über meinen Antrag eine Aufforderung an den Verteidiger erlas-sen wurde, binnen 6 Tagen die dermalige Adresse des Ing. Butscho-witz bekanntzugeben. Sollte er dieser Aufforderung nicht ent-sprechen und die Zustellung der Ladung auch durch Vermittlung

des Polizeikommissariates in Pankrac nicht möglich sein, dannwird die Hauptverhandlung sofort angeordnet werden. Ich werde,da nach dem Pressgesetze die Ladung zu eigenen Händen vorge-schrieben ist, den Antrag stellen, das Verfahren möge bis zurEruierung der Adresse des Ing. Butschowitz nur gegen Dr. Bill fortgesetzt werden. Die Verjährung gegen Butschowitz tritt da-durch nicht ein, sondern wird unterbrochen.

Ich bitte Sie, sehr geehrter Herr Doktor, HerrnKraus meine besten Empfehlungen zu bestellen und zeichne mitherzlichen Grüssen an Sie, in vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergebener:Dr. Turnovsky

Kraus – Diverses29. NOV. 1935