193.85 Brief Samek an RA Johann Turnovsky

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Reindorfgasse
XIV., Penzing
Datum: 26. Februar 1936
Betreff: Kraus – Sozialdemokrat
Diktiersigle: Dr.S/Fa.

Empfänger

An: Herrn | Dr. Johann Turnovsky, | Advocat
Vodickova 33
Prag II.
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Kollege!

Mit bestem Dank auch von seiten des Herrn K. bestätige ich den Empfang Ihres freundlichen Schreibens vom20. Februar 1936. Ich ersuche Sie, lediglich den Antrag zu stel-len, dass die Zeugen zur Hauptverhandlung vorgeladen werden undgleichzeitig damit den Antrag auf Anordnung der Hauptverhandlungfür die Zeit zwischen dem 2. und 9. März 1936 zu verbinden. AndereBeweisanträge zu stellen halte ich nicht für opportun, um demGegner nicht dadurch die Gelegenheit zu geben, sich irgend eineAusrede auszudenken. Wie ich Ihnen in meinem Schreiben vom18. Februar 1936 mitgeteilt habe, handelt es sich hauptsächlichdarum, darzutun, dass die Art, wie die Gegenseite Stellen derFackel zum Wahrheitsbeweis heranzog, eine Fälschung des wirk-lichen Inhaltes ist. So wurde z.B. aus der einfachen Tatsachen-mitteilung, dass in der Minute, da der letzte Korrekturstrichan der Fackel angebracht wurde, derselbe Typus, der gefragthatte, warum die Fackel nicht erscheine, das Licht abgedrehthatte, die Behauptung gemacht, Herr K. könne es den Arbeiternnicht verzeihen, dass sie ihm den elektrischen Strom abgeschnit-ten haben. Besonders krass wird dies bei dem Vorwurf gegen dieDemokratie, deren Dummheit noch über die der englischen Arbeiter-partei gestellt wird, aus dem die Gegenseite einen Angriff gegen

den Präsidenten der Tschechoslowakischen Republik oder dendamaligen Aussenminister macht. Am ungeheuerlichsten erscheintdie Fälschung, mit der aus einem Angriff gegen Reinhardt undder Unerträglichkeit des Gedankens, dass ein Literat und Schieberdie Hofburg bewohnen soll, ein Eintreten des Herrn K. gemachtwird, dass das Vermögen an die Habsburger zurückgegeben werde,wobei noch besonders hervorzuheben ist, dass von einem Vermögen,welches nach dem Umsturz konfisziert war und den Kriegsbeschä-digten und den Kindern gegeben worden war, nirgendwo die Redeist. Dies aber alles schon vorher der Gegenseite mitzuteilen,halten Herr K. und ich nicht für zweckmässig. Auch möchte sichHerr K. mit Ihnen über die Form, in der man die Zeugen ihrerFälschung überfuhren soll, noch eingehend beraten, zumal, dadie Sache schriftlich darzustellen auf grosse Schwierigkeitenstösst. Auch wäre innerhalb der achttätigen Frist einen solchenSchriftsatz vorzubereiten deshalb unmöglich, weil Herr K. er-krankt ist.

Ich bitte Sie also, von einem ausführlichenSchriftsatz abzusehen und nur zu veranlassen, dass die Zeugenzur Hauptverhandlung vorgeladen werden und diese in der Zeitzwischen dem 2. und 9. März 1936 anberaumt wird.

Mit besten Grüssen und vorzüglicherkollegialer Hochachtung

bin ich Ihr ergebener

Betr. KrausSozialdemokrat exp. 24.2.1936.