193.118 Entwurf eines Briefes an das Prager Tagblatt

Materialitätstyp:

  • Durchschlag mit handschriftlichen Überarbeitungen

Schreiberhände:

  • Johann Turnovsky, schwarze Tinte
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An dasPrager TagblattPrag

Im Vollmachtsnamen des Herrn Karl Kraus,Herausgebers der ‚Fackel‘, fordere ich Sie auf, die beiliegendeErklärung zu veröffentlichen, widrigenfalls ich die Ehrenbe-leidigungsklage überreichen müsste. Eine Berichtigung jenerraffiniert angelegten „Berichtigung“, die nur auf Schein beruht,deren Unwahrheit nur zwischen den Zeilen steckt und deren irre-führende Absicht noch stärker als in dem ursprünglichen Berichtzu Tage liegt, war im gesetzlichen Rahmen nicht zu verfassen.Dass Sie nach dem (dem Verlag der ‚Fackel‘ zugesendeten) Abdruckder ersten Berichtigung – zu dem Sie sich nicht verpflichtetfühlten und auch nicht verpflichtet waren –, einer Berichtigung,die aber der Versuch einer ehrlichen Richtigstellung war, derenWirkung wieder vollständig aufhoben, macht wohl die beleidigendeAbsicht klar. Die Beleidigung liegt in der Verstärkung des An-scheines, als ob der Freispruch auf Grund eines erbrachtenWahrheitsbeweises erfolgt wäre, und in der Uebernahme der ehren-rührigen Behauptungen, die ihre Möglichkeit ausschliesslich ausder Zweideutigkeit des Terminus „österreichisches Regimeschöpfen, dessen verschiedenartige der durch durch Veränderung gemäße veränderte Betrachtung dem Kläger alsGesinnungswechsel“ und somit Gesinnungslosigkeit angerechnetwird. Es wird vielleicht noch bewiesen werden, dass der Angeklagte tatsächlichden Wahrheitsbeweis, wie behauptet wurde, „angetreten“ hat, abervorzog, sich in eine Formalität, deren Berechtigung der

juridischen Ueberprüfung bedarf, zurückzuziehen.