193.136 Brief Samek an RA Johann Turnovsky

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Reindorfgasse
XIV., Penzing
Datum: 26. Mai 1936
Betreff: Kraus – Sozial-|demokrat
Diktiersigle: Dr.Sa/Bl.

Empfänger

An: Herrn | Dr. Johann Turnovsky, Advokat
Vodičkova 33
Prag II.
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Kollege!

Herr K. hat die vielleicht nicht ganzunhaltbare Meinung ausgesprochen, dass das Vorwortdes Prager Tagblattes zu dem Teilabdruck der einge-sendeten Erklärung zum Gegenstand einer Ehrenbelei-digungsklage gemacht werden könnte, weil die Behaup-tung von der „Auslassung jener Stellen, die drittenPersonen den Anlass zu einer Ehrenbeleidigungsklagegegen das ‚Prager Tagblatt‘ geben könnten“, den Vor-wurf enthält, Herr K. respektive Sie als Absender derErklärung hätten sich einer Ehrenbeleidigung schuldiggemacht. Für erschwerend hält er, dass von „Stellengesprochen wird, die „dritten Personen“ diesen Anlassgeben könnten, überhaupt nur die Stelle mitdem „bewirkten Anschein“ zweifelhaft sein könnte, diesich nur auf eine Person bezieht und nach meinen Da-fürhalten gewiss nicht Gegenstand einer Ehrenbeleidi-gungsklage sein könnte. Es ist offensichtlich, dassdas Prager Tagblatt diese Behauptung von der vorlie-genden Ehrenbeleidigung lediglich als Ausrede ge-braucht hat, um die Aktion des Herrn Dr. Schwelb wei-terhin zu stützen und zu unterstützen.

Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir IhreRechtsansicht zu der von Herrn K. angeregten Möglichkeitgeben wollten.

Ich will Ihnen ferner mitteilen, dass mir Herr Dr.Heitler vor einigen Tagen die bedauerliche Eröffnung ge-macht hat, dass Ihr Artikel nicht erscheinen wird, was ichIhnen vorsichtshalber auch noch selbst zur Kenntnis brin-ge, obwohl er einen direkten Bericht an Sie versprach.

Indem ich Ihnen die besten Grüsse des Herrn K. übermittle und Sie auch selbst bestens grüsse, bin ich mitvorzüglicher, kollegialer Hochachtung

Ihr ergebener

P.S. Sehr geehrter Herr Kollege!Herr K. glaubt sich zu erinnern, Sie hätten ihmbei einer Besprechung die Möglichkeit bekanntgegeben, dieEinvernahme von Zeugen in derselben Form durchzuführen,wie es durch Herrn Dr. Gallia bei seiner Einvernahme ge-schehen ist, nämlich in der Kanzlei. Nun hat Herr Fischer für den 29. eine Ladung zur Zeugeneinvernahme in der Pro-zesssache K. gegen die Arbeiterzeitung erhalten. Wenn dieErinnerung des Herrn K. richtig ist, so wäre es sicher vongrossem Vorteil, wenn Herr Fischer bei Ihnen einvernommenwürde, da er die tschechische Sprache nicht gut beherrschtund Sie am besten in der Lage sind, seine deutsche Aussageunmittelbar ins Tschechische zu übersetzen. Wenn diese Mög-lichkeit nicht besteht, so wäre es sehr erwünscht, wenn SieHerrn Fischer wenigstens zu Gericht begleiten könnten, umseine Aussage zu verdolmetschen.

Mit besten Grüssen und vorzüglicher,kollegialer Hochachtung

KrausSozialdemokrat