193.169 Brief RA Johann Turnovsky an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript mit handschriftlichen Annotationen

Schreiberhände:

  • Oskar Samek, Bleistift

Sender

JUDr. JOHANN TURNOVSKY | Advokat
Vodičkova 33
Prag
Datum: 22.II.1937
Betreff: Kraus – Sozialdemokrat | Dr. Strauss.

Empfänger

An: P.T. | Herrn JUDr. Oskar Samek, | Rechtsanwalt
Reindorfgasse 18
Wien – XIV
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Doktor.

In der obigen Angelegenheit wurde miram 18. d.M. die Entscheidung des Obersten Gerichtes zugestellt, vonder ich Ihnen, weil ich früher absolut nicht dazu kam, heute einedeutsche Uebersetzung angefertigt habe. Ich musste infolge Zeit-mangels diese Uebersetzung aus dem Original direkt in die Maschinediktieren, weswegen ich bitte, allfällige Stilistische- und Schreib-fehler zu entschuldigen.

Ich finde die Entscheidung sehr schlecht,insbesondere scheinen mir die Ausführungen über die Frage des § 4Pressgesetznovelle und in der Kostenfrage ausserordentlich unzu-treffend. Diese Ansicht teilen auch die anderen Juristen, denendas Judikat über den Prozess der Kanzlei Dr. Meissner & Dr. Sommer zur Kenntnis gelangt ist. Aber gegen das Oberste Gericht ist lei-der nichts zu unternehmen und so schwer es mir fällt, muss ich michdamit abfinden, dass ein Freispruch erfolgt und rechtskräftig ge-worden ist.

Gleichzeitig mit der Entscheidung desObersten Gerichtes wurde mir der Beschluss des Prozessgerichtes zugestellt, in welchem dem Privatankläger der Ersatz der mitKč 2766.78 festgesetzten Kosten der Rechtsvertretung binnen 14Tagen auferlegt wird. Gegen diesen Beschluss steht wohl noch dieBeschwerde gemäss § 392 St.P.O. offen, jedoch glaube ich, dass einesolche Beschwerde, die sich mit Rücksicht auf die Entscheidung des

Obersten Gerichtes nur gegen die Höhe der zugesprochenen Kostenrichten könnte, keinen Erfolg haben kann.

In der Angelegenheit gegen Dr. SchwelbDr. Strauss habe ich die von Ihnen eingesendeten Dokumente erst nach Ablaufder dreitägigen Frist erhalten und daher, wie bereits mitgeteilt,vorsichtshalber die Abschriften beigeschlossen und auf das imProzesse gegen den „AUFRUF“ / Dr. Bill, Butschowitz / vorgelegteZeugnis des Verlassenschaftsgerichtes hingewiesen. Ich habe denAntrag gestellt, dass auf Grund der Anklageschrift der Prozessgegen Dr. Strauss geführt und die Hauptverhandlung angeordnetwerden möge.

Wollen Sie mir bitte mitteilen, in welcher Weisedie Verlassenschaft nach Herrn Dr. Kraus die oben angeführten Ko-sten zu bezahlen gedenkt.

Mit dem Ausdrucke vorzüglicher Hochachtungund besten Grüssen, Ihr ergebener:Dr. Turnovsky

1 Beilage.

KrausSozialdemokrat23. FEB. 1937