196.131 Brief RA Felix Gallia an Samek
Materialitätstyp:
- Typoskript
Sender
Dr. FELIX GALLIAMASARYKSTRASSE 25/27
BRÜNN
Empfänger
An: Wohlgeboren Herrn | Dr. Oskar Samek, | RechtsanwaltReindorfgasse 18
Wien XIV.
Sehr geehrter Herr Doktor.
Ich bestätige mit bestem Dank Ihr gesch. Schrei-ben vom 30. v.M. Trotzdem beide Parteien übereinstimmend beantragthaben, die Bezirksgerichtssache an das Kreisgericht zur Verbindungmit der dort anhängigen abzutreten, hat der Richter des Bezirks-gerichtes heute in der Sache selbst verhandelt, da er der Ansichtist, es handle sich um einen gewöhnlichen Ehrenbeleidigungsprozessden er trotz der Norm des § 56 der St.P.O. durchführen könne.
Einvernommen wurde bei der heutigen Hauptverhand-lung der Konzipient Dr. Ečers, Dr. Karl Křepelka, der bestätigtedie Information zum Schriftsatz vom 18. Feber 1936 sei ihm aus-schliesslich von Sonnenschein gegeben worden, Schramek habe sichum die Sache überhaupt nicht gekümmert, keinerlei Informationengegeben und bloss den Auftrag erteilt, in seinem Namen den Wahr-heitsbeweis weder zu dem Artikel „Der Racheakt der Polizeigegen Braunthal“ noch zu dem inkriminierten Bericht Sonkas anzutreten.
Der Bezirksrichter hatte wohl den Hauptakt einge-holt, doch fehlten die von uns vorgelegten Fackeln, die das Kreis-gericht nicht mitgeschickt hatte. Der Richter hat daraufhin be-schlossen, diese Fackeln noch vom Kreisgericht anzufordern und
die Hauptverhandlung sodann auf unbestimmte Zeit erstreckt.
Was für Absichten der Richter hat, konnte ich nicht fest-stellen.
In der Pressache wird die Hauptverhandlung zweifellos erstangesetzt werden, bis die bezirksgerichtliche Angelegenheit erle-digt ist und der Hauptakt dem Kreisgericht wieder zurückgestelltsein wird.
Ich begrüsse Sie herzlichst als
Ihr ergebenerDr. Gallia
Kraus – Arbeiterzeitung 5. NOV. 1936