19.18 Antrag auf Ergänzung resp. Richtigstellung des Verhandlungsprotokolls [vom 21.1.1926] (Strafbezirksgericht I Wien)
Materialitätstyp:
- Durchschlag
U I 286/25
An dasStrafbezirksgericht I.Wien.
Privatankläger: Karl Kraus, Schriftsteller, Wien III. Hintere Zoll-amtsstrasse 3 durch:
Beschuldigte: 1.) Anton Kuh, Schriftsteller, Wien III. Hotel Beatrix,Beatrixgasse 1 2.) Dr. Fritz Kaufmann, Schriftleiter der „Stunde“ WienVIII. Piaristengasse 56 wegen Uebertretung des 496 St.G. 1 fachbegangen durch die Presse
Antrag auf Ergänzung, resp. Richtigstellung des Verhandlungsprotokolles.
Ich beantrage die Ergänzung resp. die Richtigstel-lung des Protokolls der Hauptverhandlung von 21. Jänner 1926 in folgenden Punkten:
1.) Der Ausspruch des Beschuldigten Anton Kuh auf den mein Anwalt die Anklage ausgedehnt hat, lautet:„Ich bedaure nämlich, durch den Umstand, dassKarl Kraus den Ausdruck ‚Vortragsaffe‘ alsSchmähung und nicht als Ehrenbeleidigungqualifiziert hat, mir sonach nicht die Mög-lichkeit geboten hat, den Wahrheitsbeweisdarüber zu führen, ob er in der Tat ein‚Vortragsaffe‘ ist, bestreiten zu müssen,dass ich ihn gemeint habe.“
2.) Ferner hat der Beschuldigte Anton Kuh angegeben:„Ich habe es aber faktisch auf seine Funkti-onen als Vortragender angewandt. Ich habeHerrn Kraus zwar nie vortragen gehört, aberich wollte damit unter anderem nur ausdrücken,was mir davon rapportiert wurde, also diespezielle Art des Krausschen Vortrags alsaffenähnlich bezeichnen: seine Stimmkopien,die Heissgierigkeit, mit der er sich in dieVorträge hineinstürzt, das Sich-rufen-lassen,seine Art, nach jedem Vortragsstück zehnmalhintereinander rasch aufs Podium zu hüpfenund sich Ovationen einzukassieren, kurz dieAkrobatik des Genusses, mit der er den Bei-fall entgegennimmt.“
Beweis: Der Bericht der „Stunde“ in der Nr. vom 23.I.1926Nr. 861 des 4. Jahrganges.
Karl Kraus.Kuh.9.II.26