68.3 Brief Samek an Justizrat Viktor Fraenkl

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Schottenring
I., Innere Stadt
Datum: 28. Februar 1927
Betreff: Kraus – Kerr.
Diktiersigle: Dr.S./W.

Empfänger

An: Herrn Justizrat Viktor Fraenkl
Potsdamerstrasse Nr. 86 b
Berlin W 57
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Justizrat!

Ich komme auf mein Schreiben vom 3. Jänner 1927 zurück und ersuche Sie, gegen Herrn Alfred Kerr wegender Beleidigungen in dem Artikel „Zur Jessner-HetzeAbsatz 3, erschienen in der Morgenausgabe des „BerlinerTageblatt“ vom 21. Dezember 1926, 55. Jahrgang, Nr. 600, dieEhrenbeleidungsklage einzubringen, wenn es sicher ist, dassdie Berliner Gerichte zu einer Widerklage gegen Herrn Kraus nicht zuständig sind. Herr Kraus wünscht selbstverständlichnicht, die Klage des Herrn Kerr zu vermeiden, sondern nurdeshalb nicht Umständlichkeiten durch Erscheinen bei einerBerliner Verhandlung zu haben. Meine Bedenken wegen Zustän-digkeit der Berliner Gerichte hatten ihre Ursache in derBestimmung des § 36 des österreichischen Pressgesetzes, nachwelchem für alle durch ein Druckwerk begangenen strafbarenHandlungen als Tatort der Ort gilt, wo das Druckwerk er-

schienen ist. Ist dieser Ort unbekannt oder liegt er imAuslande, so gilt als Tatort der Ort, wo das Druckwerkverbreitet worden ist. Ich habe allerdings eine gleicheBestimmung im deutschen Recht nicht gefunden, doch istimmerhin möglich, dass sie mir entgangen ist. Wenn Siezur Erhebung der Klage eine neue Vollmacht des Herrn Kraus benötigen, so bitte ich Sie um Einsendung eines Vollmachts-exemplares.

Ich zeichne mit vorzüglicherkollegialer Hochachtung

rekommandiert.

Betrifft: KrausKerr.expediert am 28. Februar 1927.