76.9 Brief Richard Flatter an Verlag Die Fackel

Materialitätstyp:

  • Typoskript
  • Kopie

Sender

Richard Flatter
Mariahilferstr. 1b
Wien, | 6.
Datum: 5. Dezember 1933

Empfänger

An: den | Verlag „Die Fackel“ | Herausgeber Karl Kraus
Hintere Zollamtsstraße
Wien III.
Seite von 1

Am 25. v.M. hielt ich im Grossen Saal der Masaryk-Volkshoch-schule in Brünn eine Vorlesung u.z. las ich in meiner Über-setzung und Bearbeitung „König Heinrich IV.“.

Zu meiner unangenehmen Überraschung trugen die Ankündigungs-plakate, von denen mir einige Tage vorher zwei Belegexemplarezugeschickt wurden, einen Vermerk des Inhalts, ich sei alsRezitator Karl Kraus ebenbürtig. Ich remonstrierte sofort,erhielt jedoch eine nur hinhaltende und kalmierende Er-widerung.

Ich sah mich daher veranlasst, vor Beginn der Vorlesung einekurze Ansprache an das Publikum zu halten; ich sagte –wörtlich, ich habe die vorher aufgesetzten Worte abgelesen –:„Meine Damen und Herren! Auf den Plakaten, die die heutigeVorlesung ankündigten, wurde im Zusammenhang mit mir derName Karl Kraus genannt. Dies ist ohne mein Zutun, ohne meinWissen geschehen. Es ist nicht mein Ehrgeiz, als Rezitatormit irgend jemand in Konkurrenz zu treten; es kommt mir aus-schliesslich darauf an, als Übersetzer gewertet zu werden.“Ich glaube, damit alles getan zu haben, was mir in dieserHinsicht möglich war, und ich glaube, den Tatbestand auch hierbekanntgeben zu sollen. Sollten Sie geehrter Verlag, der Mei-nung sein, dass meine Mitteilung Herrn Karl Kraus interessiere,so bitte ich, sie ihm weiterzugeben; sollten Sie kein Inter-esse bei ihm vermuten, so können Sie ja die Weiterleitung anihn unterlassen.

HochachtungsvollDr. Flatter