92.2 Brief Samek an Reichspost (verantw. Red. Karl Schiffleitner)

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

Oskar Samek
Schottenring
Wien
Datum: 19. September 1927
Diktiersigle: Dr.S./Fa.

Empfänger

An: den | Verantwortlichen Redakteur der „Reichspost“ | Karl Schiffleitner
Strozzigasse Nr. 8
Wien VIII.
Seite von 2

Im Vollmachtsnamen des Herrn Karl Kraus fordere ich die Aufnahme der Berichtigung der in Ihrer Nr. 255 vom18. September 1927 in dem Artikel „Die Angriffe auf PräsidentenSchober“ mitgeteilten, meinen Mandanten betreffenden Tatsachengemäss § 23 Pr.G.

Es ist unwahr, dass vor einiger Zeit KarlKraus einen Hinweis auf die Begönnerung Bekessys, des ehemaligenHerausgebers der „Stunde“, durch die Sozialdemokraten des WienerRathauses plakatieren wollte, was ihm die „Wipag“, das städtischePlakatierungsinstitut, verweigert habe. Wahr ist, dass er eineWarnung vor der Auslieferung der den Herrn Bekessy betreffenden Straf-akten an die ungarische Justiz plakatieren wollte.

Sie schreiben ferner über das von der „Wipagangebrachte Plakat der Aufforderung an den Polizeipräsidenten, ab-zutreten: „Die plakatierte Aufforderung variiert übrigens nur einebei Karl Kraus ziemlich beliebte Melodie. Man erinnert sich noch, wieer vor Jahren in einem nachher in der ‚Fackel‘ veröffentlichtenVortrage einem seiner Angriffsobjekte das Diktum an den Kopf warf:

‚Ich fordere Sie auf, sich zu erschiessen!‘ Sprachs und die – Erdedrehte sich weiter.“ Es ist unwahr, dass Karl Kraus in einem nachherin der „Fackel“ veröffentlichten Vortrage dieses Diktum einem sei-ner Angriffsobjekte an den Kopf geworfen hat. Wahr ist, dass er einekonkrete Aufforderung in einem nachher in der „Fackel“ veröffent-lichten Vortrage bloss an Herrn Bekessy gerichtet hat, aber nichtdie Aufforderung, sich zu erschiessen, sondern die auch erfüllteAufforderung, den Schauplatz seiner Tätigkeit zu räumen. Wahr ist,dass er in einem Hefte der „Fackel“ Nr. 343, 344 vom 29. Februar 1912 den Preisrichtern des Bauernfeldpreis-Komitees die satirische Alter-native gestellt hat: „Sie sollen mit Bedauern die Bauernfeldpreisezurückziehen und erklären, dass sie nicht in der Lage sind, den Wahr-heitsbeweis anzutreten. Oder sie sollen, wenn sie das nicht über sichbringen, zu fünft ein Hotelzimmer mieten und den Selbstmord, den siedurch Verteilung des Bauernfeldpreises markiert haben, vollziehen.Wahr ist, dass der Vortrag dieser Glosse nach Veröffentlichung am6. März 1912 in der „Kleinen Bühne“ stattgefunden hat.

Rekommandiertm. Rückschein.