99.15 Brief Samek an RA Max Hirschberg

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Schottenring
I., Innere Stadt
Datum: 9. Mai 1928
Betreff: Kraus – Völkischer Beob-|achter
Diktiersigle: Dr.S./Fa.

Empfänger

An: Wohlgeboren | Herrn Dr. Max Hirschberg, | Rechtsanwalt
Kaufingerstrasse Nr. 30
München C 7
Seite von 4

Sehr geehrter Herr Kollege!

Ihr geschätztes Schreiben vom 5. Mai 1928 habe ich Herrn Kraus zur Kenntnis gebracht. Er lässt Ihnen vielmalsdanken und äussert sich zu dem Inhalt Ihres Schreibens wie folgt:

Herr Kraus wird zur Verhandlung am 14.5.1928nicht persönlich erscheinen, er teilt Ihre Ansicht, dass dies besserist.

Wenn Sachverständigenbeweis in Frage käme,wäre vielleicht am zweckmässigsten, entweder Theodor Haecker inMünchen oder Ludwig Ficker in Innsbruck zu beantragen.

Was nun das Honorar betrifft, so glaubte HerrKraus, dass Sie sich mit den gesetzlichen Gebühren in seinen Angele-genheiten begnügen würden, weil sowohl aus Ihren Schreiben, als auchaus der Darstellung des Herrn Fischer hervorging, dass Sie dengeistigen Gehalt seines Kampfes miterleben und bei der Uebernahme derVertretung mehr auf die Unterstützung des Kampfes, als auf die advo-katorische Seite der Angelegenheit Rücksicht nehmen. Selbstverständ-lich würde Herr Kraus, wenn Sie darauf bestehen, das begehrte Honorarbezahlen, er wäre aber dann außerstande seinen Kampf überhaupt auch

mit juristischen Waffen zu führen, zumal, wenn man bedenkt, dasswahrscheinlich in der Angelegenheit des „Fränkischen Kurier“ eingleich hohes Honorar auflaufen wird. In Oesterreich ist übrigens, wieich Ihnen mitteilen kann, eine Honorarvereinbarung über die tarifmäs-sigen Kosten hinaus auch nicht üblich und ich selbst halte es geradein den Angelegenheiten des Herrn Kraus so, dass ich auch für diejeni-gen Prozesse, bei denen Herr Kraus die Kosten selbst zu tragen hat,mich mit einen Teil der tarifmässigen begnüge.

Dagegen nimmt Herr Kraus zu einem eventuellen Vergleich eineandere Stellung ein. Sollte die Gegenseite selbst Vergleichsanträgestellen und sich verpflichten eine Busse zu bezahlen, die am bestenfür Invalide bestimmt werden könnte und deren Höhe Ihnen vollständigüberlassen bleibt, ferner sowohl die gesetzlichen Gebühren als auchIhr Honorar, das Sie ja in diesem Falle auch in grösserer Höhe an-sprechen könnten, übernehmen und eine entsprechende Erklärung abgeben,so wäre gegen einen Vergleich nichts einzuwenden, im Gegenteil, einderartiges Vergleichsangebot des Gegners würde ihm sogar die Möglich-keit benehmen in der Sache weiter ausfällig zu werden, was bei einemgerichtlichen Urteil nicht ausgeschlossen wäre. Man müsste natürlichauch auf Veröffentlichung dieser Erklärung im „Völkischen Beobachterbestehen.

Den Eröffnungsbeschluss und die Ladung sende ich Ihnen zurück,obwohl Sie mir nicht geschrieben haben, dass Sie sie benötigen, weilich fürchte, dass der Beschluss nur in einfacher Ausfertigung Ihnenzugekommen ist. Sollten Sie jedoch eine eigene Ausfertigung bereitshaben, so bitte ich Sie um Rücksendung zwecks Vervollständigung meinesAktes. Ferner sende ich Ihnen zur Verwendung im Prozess die Nummerder „Arbeiter-Zeitung“ vom 8.5.1928, auf deren Seite 4 ein sehr in-

teressanter Artikel des „Völkischen Beobachters“ zitiert ist. EinKommentar zu dem Wunsche dieser Zeitung, dass Berlin verbombt hättewerden sollen, ist wohl überflüssig.

Ferner sende ich Ihnen ein Exemplar der „Fackel“ vomJuni 1924, mit Besprechungen der Wiener Aufführung des „Traumstückes“.Auf Seite 142 befindet sich die Kritik der „DeutschösterreichischenTageszeitung“ des Gesinnungspendants des „Völkischen Beobachters“ inWien. Es wäre vielleicht gut, auch diese Kritik dem Gerichte vorzu-legen.

Ich bin, Ihrer geschätzten Rückantwort entgegensehend,mit vorzüglicher kollegialerHochachtungIhr

4 BeilagenRekommandiert.

Betr. KrausVölkischer Beobachter exp. am 9.5.1928.