99.26 Brief RA Max Hirschberg an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

Max Hirschberg
Kaufingerstraße 30
MÜNCHEN 2 C
Datum: 26. Juni 1928
Diktiersigle: 2.A.

Empfänger

An: Herrn | Rechtsanwalt Dr. Samek
Schottenring 14
Wien I
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Kollege!

In Sachen Kraus ./. Völkischer Beobachter teile ich ergebenstmit, dass das Urteil rechtskräftig geworden ist, weil die Gegen-partei keine Berufung eingelegt hat.

Ich habe Berichtigung der Urteilsausfertigung bezüglich desVornamens des Herrn Kraus beantragt und werde nach Empfang derberichtigten Ausfertigung die Veröffentlichung durch die Gegen-partei in der im Urteil vorgesehenen Form betreiben. Eine Be-richtigung der Citate dürfte überflüssig sein, weil ja nur derTenor veröffentlicht wird.

Die Kosten habe ich dem Gegner bekanntgegeben und nachFristablauf Kostenfestsetzung angedroht.

Die Nummer des Völkischen Beobachters vom 9.6. habe ichvom Gericht zurückverlangt; ich hatte sie in der Sitzung über-geben. Ich bin ganz entschieden dagegen, wegen dieses Artikels,der formale Beleidigungen nicht enthält, neuerdings Klage zustellen. Ebenso sind in dem gegnerischen Schriftsatz im Prozesskeine formalen Beleidigungen enthalten, die mit Aussicht aufErfolg eine neue Klage ermöglichen würden. Ich habe im Haupt-

Verhandlungstermin zwar beide Urkunden verwertet, um die Hartnäckigkeitder gegnerischen Behauptungen darzutun; ich würde es aber für ganzverfehlt halten, nach dem glatten Erfolg der durchgeführten Klagenun eine neue Klage zu stellen, die aller Voraussicht nach wegenWahrnehmung berechtigter Interessen abgewiesen würde; wir würdendadurch nur den erreichten Erfolg wieder aufs Spiel setzen. Anderswäre es, wenn die beiden Urkunden formale Beleidigungen enthaltenwürden; das ist aber nicht der Fall. Uebrigens ist der Verantwortlichefür die Nummer vom 9.6.28 nicht Herr Weiss. Es müssten also 2 ver-schiedene Klagen gestellt werden. Ich empfehle daher sich mit demErreichten zu begnügen; der Völkische Beobachter wird in Zukunft vor-sichtiger sein, wenn er gegen Herrn Kraus schreibt und das ist jader Zweck der erreicht werden sollte. Ich werde Ihnen den Artikelvom 9.6. nach Empfang einsenden. Ich wäre Ihnen ausserordentlichverbunden, wenn Sie mir die Zeitungsberichte die Ihnen vorliegenmit Ausnahme der Münchener Zeitungen, die ich natürlich gesammelthabe, auf einige Tage zur Durchsicht einsenden würden.

Herrn Kraus bitte ich meine verbindlichsten Grüsse zuübermitteln.

Hochachtungsvollergebener Kollege[Unterschrift]Rechtsanwalt.

KrausVölk. Beobachter 28. JUNI 1928