103.9 Brief RA Philipp Loewenfeld an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

Dr. PHILIPP LOEWENFELD
Kaufingerstraße 30
München 2 C
Datum: 21. Juli 1928
Diktiersigle: I/G.

Empfänger

An: Herrn | Rechtsanwalt Dr. Oskar Samek
Schottenring 14
Wien I
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Kollege!

In Sachen Kraus gegen Fränk. Kurier ist Ihr gefl.Schreiben vom 17. cr. mir, als dem derzeitigen Vertreter des in Urlaubbefindlichen Kollegen Dr. Max Hirschberg, zugegangen.

Ich habe die Angelegenheit nochmals geprüft und muss IhrerRechtsmeinung durchaus beipflichten. – Demgemäss habe ich den abschrift-lich anliegenden Schriftsatz bei Gericht eingereicht u. Herrn JustizratDr. SüßheimNürnberg, ersucht, im Termin vom 2. August 1928aufzutreten und die Bestrafung des Herrn Schardt zu verlangen.Die Sache scheint mir derartig glatt zu sein, dass ich es unter allenUmständen darauf ankommen lassen möchte, dieselbe durchzuführen. Ichkann mir nicht denken, dass das Gericht von den in dem Schriftsatz niedergelegten Meinungen abzuweichen in der Lage wäre, jedenfallswürde aber m.E. ein derartiges Urteil durch die obere Instanz aufge-hoben werden.

Es dürfte aber dem Grundsatz des Herrn Karl Kraus,keine derartigen Taten ungesühnt zu lassen, entsprechen, wenn wir auchden Herrn Dr. Ernst Hohenstatter zu München, noch ausser-dem packen. Es ist durchaus möglich, diesen gesondert zu verklagen. Die press-

gesetzliche Verjährungsfrist von 6 Monaten läuft erst am 5. Septem-ber 1928 ab und die Strafantragsfrist beginnt erst mit dem Tage derKenntnis des Herrn Karl Kraus und der Person des weiteren Mittäters.Die Herren kommen dabei in die besonders unangenehme Lage, dassHerr Schardt und der von ihm erwähnte Telefon-Stenograph seines ei-genen Blattes als Zeugen bekunden müssen, dass Dr. Hohenstatter derVerfasser und Einsender ist. Darüber können sie natürlich nicht hin-weg, nachdem Herr Schardt selbst Herrn Dr. Hohenstatter über dieseTatsache als Zeugen in seinem Prozess benennt.

Ich bitte demnach um Ihre gefl. Mitteilung, ob auch gegenDr. Hohenstatter vorgegangen werden soll.

In vorzüglicher kollegialer HochachtungLoewenfeld Rechtsanwalt.

KrausFränkischer Kurier 23. JULI 1928