103.18 Brief Samek an Kraus

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

Dr. Oskar Samek | Rechtsanwalt
Schottenring 14
Wien, I.
Datum: 7. August 1928
Betreff: Kraus – diverse.
Diktiersigle: Dr.S./Fa.

Empfänger

An: Herrn | Karl Kraus
Krausenstrasse. | Weisses Haus
Berlin
Seite von 2

Sehr verehrter Herr Kraus!

Von Dr. Hirschberg erhalte ich einen Bericht,dass der verantwortliche Redakteur des ‚Fränkischen KuriersSchardt nach mehrstündiger Verhandlung freigesprochen wordenist. Er gibt mir die Begründung seines Nürnberger SubstitutenJ.R. Dr. Süssheim kurz bekannt, dass die beanstandeten Stellenallgemein gehalten seien und beim Ausdruck „Literätchen“ dieAbsicht der Beleidigung nicht nachgewiesen werden könne. Erempfiehlt unbedingt Berufungseinlegung und hält die Berufungfür durchaus aussichtsreich. Er meint, dass das Gericht offen-bar der presserechtlichen Konstruktion des Privatbeklagten, ersei durch die Namhaftmachung des Täters nicht mehr zur Verant-wortung zu ziehen, nicht gefolgt sei, da es ihn sonst nur auspresserechtlichen Erwägungen hätte freisprechen können. Ichselbst bin auch für die Einlegung der Berufung und werde HerrnDr. Hirschberg in diesem Sinne schreiben, jedoch ihn ersuchen, dieBerufung erst am letzten Tag der Frist einzubringen, so dass mansie eventuell unterlassen könne, wenn Sie selbst die Sache auf-geben wollen.

Ich erbitte mir weitere Weisungen undzeichne, Ihnen beste Erholung wünschend, mit ergebenstenGrüssen

IhrDr. Samek