136.17 Schriftsatz in Sachen Die Fackel ./. Die Volksbühne (RA Botho Laserstein an das Landgericht I. Berlin, G.Z. 38.0.549/29)

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Datum: 19. März 1930
Seite von 4

E. BERLIN, DEN 19. März 1930

An dasLandgericht I,Berlin

In SachenDie Fackel“ ./. Volksbühne 38.0.549/29

überreiche ich in der Anlage das letz-te Heft der Fackel, in dem objektiv undwörtlich die Besprechungen der gesag-ten berliner Presse über „Die Unüber-windlichen“ zusammengestellt sind.

Insbesondere wird auf die wich-tige Notiz des „Berliner Lokalanzeigerauf Seite 34 hingewiesen – das Originalkann eingesandt werden –, wonach dasStück auf Drängen der österreichiscnenGesandtschaft abgehetzt worden ist.

Dieser Beweis ist sehr erheblich.Denn wenn die Volksbühne, wie diesseitsbehauptet wird, entgegen dem Vertragemit dem Kläger einen Vertrag mit deroesterreichieschen Gesandtschaft aufNichtaufführung geschlossen hat – womög-lich und wahrscheinlich doch gegen Ent-gelt –, so stellt dies gemäss §§ 242,826, 249 BGB eine zum Schadensersatzverpflichtende Handlung und damit einenweiteren bereits erwähnten Klagegrund

dar. Wenn solche Abmachungen getroffen wurden,so beweist dies auch, dass sich die Volksbühne ihrer Vertragsverletzung durchaus bewusst war.

Aus allen diesen Gründen ist der im Schrift-satz vom 29. Januar 1930 auf Seite 21 angeboteneBeweis sehr erheblich, und ich bitte um seine Er-hebung.

Für die Abmachungen zwischen der oesterrei-chischen Gesandtschaft und der Volksbühne auf Nicht-aufführung wird Bezug genommen auf:

1. Zeugnis des Pressechefs Dr. Wasserbeck,zu laden bei der oesterreichischen Ge-sandtschaft, Berlin W., Bendlerstr. 15,

2. Zeugnis der Bühnenfotografin Frau Jacobi,Berlin-Charlottenburg, Joachimsthalerstr. 5.

Was das Argument des Herrn Gegners im Vergleichs-termin anbetrifft, der Kläger könne nur die dreifacheTantieme des vollbesetzten Hauses verlangen, so istfolgendes zu sagen:

1. Diese Ansicht ist im Augenblick gleichgül-tig, da Voraussetzung für dieses Verlangen ja dieDurchführung des ganzen Beweisbeschlusses zu IV Nr2 ist.

2. Eine solche Usance und eine solche Bestim-mung des Bühnenvereins besteht nicht. Es ist ledig-lich jetzt im März d.J. die Bestimmung eingeführt wor-den, dass in einem solchen Fall die sechsfache Tantieme

verlangt werden kann. Aber das bindet den Kläger nicht.Denn diese Bestimmung gilt nicht rückwirkend und kannihm nicht sein Recht aus dem Vertrage rauben, das er er-worben hat zu einer Zeit, als er noch nicht Mitglied desVerbandes war, nämlich als der Vertrag geschlossen wurde.Der Vertrag ist im Sommer 1929 abgeschlossen worden, derKläger ist erst im Dezember 1929, nach Einreichung derKlage beim Landgericht, Mitglied des Verbandes der Büh-nenschriftsteller geworden. Im übrigen ist jetzt das Land-gericht ausschliesslich zuständig, dass die Parteien sichauf die Verhandlung vor dem Landgericht eingelassen haben,die Beklagte auch dicht schuldlos den Einwand des Schieds-vertrages zu erheben unterlassen hat, da sie ja durch dieEinleitung der Klage auf die bevorstehende Aufnahme desKlägers in den Verband der Bühnenschriftsteller hingewie-sen war.

Abschrift ist niedergelegt.

gez. Dr. Laserstein Rechtsanwalt.

KrausVolksbühne