158.6 Brief RA Willy Katz an die Generalintendanz der Preußischen Staatstheater

Materialitätstyp:

  • Durchschlag mit handschriftlichen Überarbeitungen

Schreiberhände:

  • schwarze Tinte

Sender

Dr. Willy Katz
Friedrichstrasse 48
Berlin SW 68
Datum: 16. April 1931
Betreff: No 3080.

Empfänger

An: die | Generalintendanz der Preussischen Staats-|Theater
Berlin W
Seite von 3

Auf das Schreiben vom 10. April 1931 muss ich nach nochma-liger Befragung von Herrn Rechtsanwalt Dr. Laserstein bei der in meinem Schreiben vom 8. April 1931 Ihnen gemachtenSachdarstellung verbleiben. Herr Dr. Laserstein hat mir wieder-holt bekundet, und ist bereit, das vor Gericht aufrecht zu er-halten, es sei ihm von dem betreffenden Vertreter der General-intendanz ausdrücklich versichert worden, der Vertrag zwischender Universaledition Wien und den Staatstheatern erlaube eineVornahme von Strichen im Texte der Perichole ohne Befragung desAutors. Gegenüber hierzu geäusserten Zweifeln von Herrn Dr. La-serstein wurde entgegnet: „Der Text des Vertrages liegt ja vormir.“ Diese Antwort lässt einen Hinweis darauf, dass allgemeineBestimmungen, die vom Verband der Theaterleiter mit denjenigender deutschen Bühnenautoren vereinbart sein mögen, bei jenerAeusserung gemeint worden seien, garnicht zu. Eine solche Aus-legung, die nachträglich vorgebracht wird, muss als Ausrede er-scheinen. Jedenfalls war die Erklärung des Vertreters der Gene-ralintendanz Anlass und notwendiger Grund für zwei telephonischeRückfragen in Wien und für ein Tätigwerden des Herrn Dr. Laser-stein in persönlicher Rücksprache mit Herrn Kraus wie in weiterenVerhandlungen mit der Direktion der Krolloper.

Hiervon abgesehen bedarf weder mein Mandant noch der Unter-zeichnete selbst, an den sich das Schreiben vom 11. April 1931 wen-det, einer „Rechtsbelehrung“ zumal wenn diese falsch ist. Der An-spruch, der in meinem Schreiben vom 8. April 1931 erhoben ist, undder im Falle seiner Nichtbefriedigung im Prozesswege durchgesetztwerden wird, – dieser Anspruch stützt sich auf keinerlei Vertragund ist an sich völlig unabhängig von irgend welchen Vereinbarun-gen zwischen Direktoren und Autoren. Es sei vorsorglich aber daraufhingewiesen, dass Herr Kraus nicht genötigt ist für die Frage, obStreichungen an seinem Text vorgenommen werden dürfen, und auchweder genötigt nicht noch gewillt ist, sich jene „allgemeinen Bestimmungen“ entgegenset-zen zu lassen. Das Wesen von „allgemeinen Bestimmungen“ ist es, durch„besondere Bestimmungen“ aufgehoben werden zu können. Das ist beiden Abmachungen und bei der Uebertragung des Aufführungsrechtesder Perichole geschehen. Sowohl der Autor dem Verlag gegenüber, wieder Verlag der Intendanz gegenüber hat ausdrücklich dem Bearbeiterdes Textes, Herrn Karl Kraus das alleinige Recht vorbehalten, Stri-che zu gestatten, und weiter festgesetzt bestimmt , dass Striche ohne seineGenehmigung in welchem Umfange auch immer nicht vorgenommen werdendürfen. Hiernach erledigt sich Ihre „Rechtsbelehrung“ von selbst,und es erübrigt sich nur der nochmalige Hinweis, dass auch in Zu-kunft unzulässige Streichungen nicht geduldet werden werden. Wienochmals wiederholt sei, hat diese Frage mit derjenigen des hiererhobenen Anspruchs auf Ersatz schuldhaft veranlasster Aufwendungennicht das Geringste zu tun.

Ihr Anheimstellen, sich mit meinem Mandanten in der Richtung darüber

in Verbindung zu setzen, dass ich ihn persönlich bäte, mit derLeitung der Krolloper wegen deren Aenderungsabsichten Fühlung zunehmen, ist von mir aus Mangel an begründetem Anlass hierzu unbe-rücksichtigt geblieben. Ich habe Herrn Kraus von Ihrem eigenarti-gen Vorschlag keine Mitteilung machen zu müssen geglaubt. Indem ichSie nochmals auffordere, sich zur Befriedigung meines am 8. April1931 und hiermit wiederholt geltend gemachten Anspruchs bereitzu erklären, bemerke ich, dass die genaue Höhe der Herrn Kraus durch Sie entstandenen unnützen Kosten mit RM 20.–– nicht erschöpftist, und dass ich mir vorbehalte, den richtigen Betrag Ihnen dem-nächst mitzuteilen.

Ergebenst