158.21 Brief Samek an Cornelis Bronsgeest

Materialitätstyp:

  • Durchschlag mit handschriftlichen Annotationen

Schreiberhände:

  • Frieda Wacha, Bleistift

Sender

Oskar Samek
Schottenring
I., Innere Stadt
Datum: 20. Juli 1931

Empfänger

An: Herrn Kammersänger | Cornelis van Bronsgeest
Funkhaus
Berlin Charlottenburg 9
Seite von 2

Dr. Samek

Hochgeehrter Herr!

Mit dem besten Dank für Ihre freundliche Nachricht möchte ich Sie bitten, das folgende zu berücksichtigen. HerrKarl Kraus hat einen nach seinem wie meinem Dafürhalten klarenRechtsanspruch an die Berliner Staatstheaterverwaltung wegen dervertraglich abgemachten Wortregie für „Perichole“. Ganz unabhän-gig davon äußerte, wie Sie, hochgeehrter Herr, mitteilten, derHerr Generalintendant den Wunsch, über die Vorfälle, die sich ge-legentlich der Einstudierung abgespielt haben, informiert zu wer-den. Die beiden Angelegenheiten hängen insofern zusammen, als dieBestreitung des Anspruchs eben von einer Seite ausging, über de-ren Glaubwürdigkeit jener Bericht Auskunft gibt, den der HerrGeneralintendant zu erhalten wünschte. Herr Karl Kraus hatte sei-nerzeit keine Veranlassung zu einer direkten Beschwerde, da dasihm drohende Übel rechtswidriger Streichungen abgewendet werdenkonnte. Er war aber gern bereit, dem Herrn Generalintendanten die von ihm gewünschte umfassende Auskunft über jene Vorfälleund damit auch über die Glaubwürdigkeit der Faktoren zu erteilen,die die Generalintendanz vielfach falsch informiert haben. Da dieZusammenkunft wegen Verhinderung des Herrn Generalintendanten nicht stattfinden konnte, wurde einverständlich beschlossen, eineschriftliche Darstellung der Vorfälle zu geben. Dieser nicht we-nig mühevollen und zeitraubenden Arbeit hat sich Herr Karl Kraus unterzogen und ich habe die schriftliche Darstellung am 19.VI.an Sie, hochgeehrter Herr, verabredetermaßen abgehen lassen.Wenn Sie nun mitteilen, daß Sie erst eine geeignete Gelegenheitabwarten wollen, um dem Herrn Generalintendanten jene Darstellungzu überreichen, so ist zu befürchten, daß der oben erwähnteRechtsanspruch, wenngleich er gewiß nicht veralten kann, insofernalteriert wird, als manche Aussagen, auf die es in einem etwaigenVerfahren ankommen würde, nicht mehr mit der erforderlichen Unmittelbarkeit der Erinnerung abgegeben werden könnten, weil ebenmanche Momente natürlicher Weise in Vergessenheit geraten. Ichmöchte Sie deshalb ersuchen, die Gelegenheit, dem Herrn General-intendanten die Informationen zu übermitteln, die er ja doch ge-wünscht hat und die vielleicht eine weitere juristische Verfol-gung der Sache ganz im Sinne des letzten Schreibens der General-intendanz überflüssig machen würden, so bald als nur möglich her-beizuführen. Dabei setze ich selbstverständlich voraus, daß derHerr Generalintendant noch heute das Interesse und den Wunsch hat,die Informationen entgegenzunehmen, was allerdings der getroffe-nen Vereinbarung entsprechen würde. Sollte aber irgendein Grundbestehen, der Sie, hochgeehrter Herr, zunächst verhindert, demHerrn Generalintendanten das Schriftstück zu überreichen, dannerbitte ich Ihre gf. baldige Nachricht, damit entweder eine di-rekte Anfrage bei der Generalintendanz Aufklärung bringt, obdort noch ein Interesse für die seinerzeit erbetene Auskunft be-steht – wenn nicht, wäre die aufgewandte Mühe gewiß bedauerlich –,und ob die direkte Übermittlung des Schriftstücks an den HerrnGeneralintendanten erwünscht ist; oder damit die Möglichkeit

geschaffen wird, den aufrechterhaltenen Rechtsanspruch weiter zuverfolgen.

Mit dem besten Dank im Voraus und mit dem Ausdruck dervorzüglichsten Hochachtung

KrausKrolloper

21.7.31