173.9 Brief Verlag Die Fackel an Deutsches Theater Prag

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

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  • Kopie

Sender

Verlag Die Fackel (Wien)
Hintere Zollamtsstraße
III., Landstraße
Datum: 6. Februar 1932

Empfänger

An: die Direktion des Deutschen | Theaters
Prag XII
Seite von 2

Sehr geehrter Herr!

Wir bestätigen mit dem besten Dank den Empfang Ihres freund-lichen Schreibens vom 3. Februar und haben dazu das folgende zu bemer-ken: Ihre Befürchtung, daß Sie die Probendispositionen nicht so treffenkönnten, wie es die Rücksicht auf einen so prominenten Gastregisseurerfordern würde – Herr Karl Kraus muß mit allem Dank für die freundli-che Ansicht, diese Titulatur ablehnen, teils weil er den Begriff „pro-minent“ an und für sich verpönt, teils weil er damit in eine Gesell-schaft von hervorragenden Dilettanten gebracht wird –, diese Ihre Be-fürchtung scheint uns in einem krassen Widerspruch einerseits zu derTatsache zu stehen, daß ja doch Proben stattfinden müssen, anderseitszu Ihrer ursprünglichen Einladung, den letzten Proben beizuwohnen undauf sie künstlerischen Einfluß zu nehmen. Herr Karl Kraus hat keines-wegs zu erkennen gegeben, daß er der Schwierigkeit, die Zeit zu erfah-ren, in der diese Proben stattfinden und die ja doch irgendwie fest-stellbar sein dürfte, auszuweichen wünsche und die Zumutung ablehne,sich dem umständlichen Betrieb, von dem Sie sprechen, anzupassen. Wirhaben infolgedessen eher den Eindruck, daß Sie die Gründe, die Sie zueiner solchen Rücksichtnahme bestimmen, noch nicht deutlich angegebenhaben, und ersuchen Sie, dies freundlichst so bald als möglich, ambesten telegraphisch, nachzuholen. Wir haben Ihnen mit der ausdrückli-chen Versicherung, daß wir an Ihrem guten Willen, das Werk nach Kräftenherauszubringen, nicht zweifeln, gesagt, daß Herr Karl Kraus bereitist, ohne materielle Entschädigung und gegen Ersatz der Barauslagen aneiner stilgerechten Reproduktion mitzuwirken, und Sie darauf aufmerksamgemacht, daß sich seine Arbeitszeit durch die Wiener Reise des Re-gisseurs wesentlich abkürzen ließe. Wir mußten selbstverständlich an-nehmen, daß diese Reise auf Grund unseres Vorschlages erfolgt ist.Eine Einladung der Aufführung „inoffiziell“ beizuwohnen, wie derWunsch, Herrn Karl Kraus bei dieser Gelegenheit zu begrüßen, ist uns,so gut gemeint dergleichen sein mag, nicht verständlich. Wenn HerrKarl Kraus der Aufführung inoffiziell beiwohnen wird, so wird er zumPublikum gehören und sich zu diesem Zweck eine Eintrittskarte kaufen.Wir ersuchen Sie, zur Kenntnis zu nehmen, daß Herr Karl Kraus derletzte ist, vor dem man mit Redewendungen der Freundlichkeit und Erge-benheit einen Sachverhalt verhüllen könnte. Sollten wir uns in der Ver-mutung einer solchen Absicht getauscht haben, so möchten wir Ihnen ver-sichern, daß etwaige Schwierigkeiten der Disposition ihn nicht abhal-ten könnten, eine für das Gelingen der Aufführung sehr wesentliche Ar-beit, die er in zwei Proben bewältigen kann, zu übernehmen. Wenn Sieaus einem sachlichen Grund, dessen Bekanntgabe wir erwarten, nicht inder Lage sind, von seiner Bereitschaft Gebrauch zu machen, so wird ersich damit begnügen, die Aufführung (in bezug auf innere wie äußereUnversehrtheit des Werkes) zu kontrollieren oder zunächst kontrollie-ren zu lassen und falls sie seinen Wünschen, die unschwer zu erfüllenwaren, nicht entsprechen sollte, die Verantwortung in der Form ableh-nen, daß er versuchen wird, die Begeisterung, die er in

Prag mit dem Vortrag des Werkes erregt hat und auf die Sie sich in einerPressenotiz berufen, noch einmal zu wecken. Wir ersuchen Sie, uns umge-hend Nachricht zu geben, ob Sie damit einverstanden sind, daß er unterder bekanntgegebenen Bedingung an den zwei letzten Proben mitwirke undeventuell außerhalb dieser mit den Schauspielern arbeite. Eine Genehmi-gung des erbetenen Nachdrucks im Programmheft könnte erst erteilt werden,wenn sich der Autor davon überzeugt hatte, daß die Aufführung dem in denzitierten Sätzen enthaltenen Gedanken nicht widerspricht.

Mit vorzüglicher Hochachtung

P.S. Wir senden Ihnen in der Anlage einen gleichzeitig angelangten anden „verehrlichen Verlag der Fackel“ adressierten aber einer DresdnerAdresse zugedachten Brief, der Kc 40.– enthält, zurück.