173.46 Brief RA Gustav Scheu an Samek

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Sender

Rechtsanwalt | Dr. Gustav Scheu
Opernring Nr. 3
I.
Datum: 3. Mai 1932
Betreff: Universal-Edition – Kraus
Diktiersigle: P/W

Empfänger

An: Herrn Dr. Oskar Samek, | Rechtsanwalt
Schottenring Nr. 14
Wien I.
Seite von 2

Abschrift.

Sehr geehrter Herr Kollege!

Ihr Schreiben vom 30. April l.J. habe icherhalten und wende mich unter Einem an meine Mandantin wegenBekanntgabe der Modalitäten, unter denen die Auflösung desVertrages stattzufinden hätte.

Auf den übrigen Inhalt Ihres Schreibens heute einzugehen, ist daher für mich kein Anlass.

Nur das eine möchte ich richtigstellen, dassich in meinem telefonischen Gespräch mit Ihnen wohl der An-schauung Ausdruck gegeben habe, dass die Universal-Edition die Stücke überhaupt nicht angebracht hätte, wenn sie dieKlausel hineingenommen hätte, dass absolut jede noch so ge-ringfügige Aenderung untersagt sei. Hingegen habe ich nichteine Bemerkung des Inhaltes gemacht, dass dies der Grund sei,weshalb die Universal-Edition die Bestimmung, es seien Aende-rungen im Text und an der Musik nur mit Zustimmung des HerrnKarl Kraus zulässig, in den Vertrag mit den Bühnen nicht aufgenommen habe. Ich habe keinerlei Kenntnis darüber, warum diegewünschte Bestimmung nicht in der von Herrn Karl Kraus viel-leicht erwarteten Form in den Vertrag aufgenommen wurde. Ichwar daher auch nicht in der Lage, die Gründe für die Nicht-

aufnahme jener Klausel in den Vertrag anzugeben. Ich habelediglich meiner Vermutung Ausdruck gegeben, dassvielleicht deswegen die Bestimmung in den Vertrag nicht auf-genommen wurde, weil sonst die Stücke unanbringlich gewesenwären.

Es ist daher auch Ihre Schlussfolgerung,dass die Universal-Edition bewusst und in der Hoffnung, HerrKraus werde „ihr nicht darauf kommen“, den Vertrag nichterfüllt habe, eine absolut unzutreffende. Eine solche Schluss-folgerung wäre auch schon deswegen verfehlt, weil ja der Autorauch dann gegen Entstellungen seines Werkes geschützt ist, wenneine solche Klausel im Vertrag nicht enthalten ist.

Was das Intermezzo mit Ihrer Kanzleibeamtin betrifft, von dem Sie am Schlusse Ihres Briefes mir Mitteilungmachen, so bin ich überzeugt, dass Herrn Dr. Heinsheimer es ge-wiss ferne gelegen ist, Ihr Fräulein unwirsch zu behandeln.Es liegt gar nicht in der Tonart der Universal-Edition, in derdurchwegs hochgebildete und kultivierte Personen tätig sind,sich gegen Angestellte oder gar gegen die Kanzlei eines Ver-tragspartners unhöflich zu benehmen.

Ich hoffe Ihnen in wenigen Tagen eine meri-torische Antwort zukommen lassen zu können und zeichne

mit kollegialer HochachtungDr. Scheu m.p.