189.27 Brief RA Johann Turnovsky an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript mit handschriftlichen Überarbeitungen
  • Typoskript mit handschriftlichen Annotationen

Schreiberhände:

  • Oskar Samek, Bleistift

Sender

JUDr. JOHANN TURNOVSKY | Advokat
Vodičkova 33
Prag
Datum: 19. Jänner 1934
Betreff: Kraus – Gegenangriff

Empfänger

An: Herrn | JUDr. Oskar Samek, | Rechtsanwalt
Reindorfgasse 18
Wien XIV.
Seite von 4

Ich bestätige dankend den Empfang Ihres Briefesvom 17. d.M. und teile höfl. mit, dass ich beim Referenten in derBerichtigungsangelegenheit interveniert habe. Dieser wird allgemeinals ein ausgezeichneter Jurist bezeichnet, weswegen ich mich bemühthabe, ihm die juristische Unhaltbarkeit des erstinstanzlichen Beschlus-ses klarzustellen. Dr. Červinka äusserte sich nicht darüber, wie erzu entscheiden gedenkt, ich habe jedoch den Eindruck gewonnen, dasser nicht der Ansicht ist, dass die Zitierung des Gedichtes eineHerrn Kraus betreffende Nachricht darstellt. Jedenfalls hoffe ichdurch die Rücksprache mit dem Referenten diesen zu einer sorgfältigenPrüfung des Falles veranlasst zu haben, ohne allerdings sagen zu kön-nen, dass der Beschwerde stattgegeben werden wird.

Bei der heutigen in der Ehrenbeleidigungsangele-genheit abgehaltenen Vergleichstagfahrt stellte der für die BeklagteDr. Schnierer erschienene Dr. Sig. Stein folgenden Antrag:

Dr. Marie Schnierer verpflichtet sich unentgeltlichund unter den Rechtsfolgen des § 9 der Pressgesetznovelle auf Seite 4in der fünften Rubrik des Gegenangriff im gleichen Drucke und aufgleiche Art, in welchen der inkriminierte Artikel veröffentlicht

worden ist, binnen 14 Tagen nach Rechtskraft des Vergleiches folgen-de Erklärung zu veröffentlichen und die mit Kč 200.– bestimmten Kostenunter Exekutionsfolgen zu bezahlen:

Erklärung.

In Nr. 19 dieser Zeitschrift vom 26.XI.1933 wurdeunter dem Titel „Nachruf auf Karl Kraus ein Artikel veröffentlicht,(durch dessen Inhalt sich Herr Karl Kraus beleidigt gefühlt hat wurde in welchem Weg wurdeund zwar insbesondere durch die Behauptung,) er habe auch währenddes Weltkrieges nicht gewünscht, dass man von ihm ein eigenes Worterwarte und erst, als der Zusammenbruch der Mittelmächte entschiedenwar, habe sie keiner so beredt und verflucht wie er, er schweigeauch jetzt, weil er zu tief leide und auch sonst Rücksicht zu nehmenhabe. Dieser Artikel wurde ohne mein Wissen in Druck gegeben. Auf Grund der mir erteilten Informationen einige Zweckform {ich erkläre}, dass dieseBehauptungen, insoferne sie sich auf die Haltung des Herrn Kraus während des Weltkrieges beziehen, auf unrichtigen Informationenberuht haben und, insoferne sie auf sein Schweigen im gegenwärtigen Zeit-punkte Bezug nehmen, dass das angeführte Motiv unrichtig ist. Ichwiderrufe daher diese Behauptungen, [durch welche sich Herr Karl Kraus beleidigt gefühlt hat].

Dr. Marie Schnierer verantw. Redakteurin.

Ich habe verlangt, dass überdies eine Busse vonKč 500.– bezahlt werde, was jedoch der Gegenanwalt mit dem Bemerkenabgelehnt hat, er könne auf keine Busse eingehen, da dies den Grund-sätzen seiner Partei widerspreche, welche in Pressangelegenheitengrundsätzlich die Bezahlung von Bussebeträgen abgelehnt habe.

Mit Rücksicht darauf habe ich die angebotene Genug-tuung nicht akzeptiert, sondern mir vorbehalten, innerhalb 8 Tagen

dem Gerichte anzuzeigen, ob Herr Kraus bereit ist, die Strafanzeigenach Erfüllung der vom Gegner angebotenen Bedingungen zurückzunehmen.

Ich bemerke, dass nach Einstellung des Strafver-fahrens gegen Dr. Schnierer binnen 14 Tagen eine neue Anzeige gegenden Autor des Artikels überreicht werden kann. Nach dem Pressgesetzkann der verantw. Redakteur nicht dazu verhalten werden, den Autor zunennen. Der Vertreter derDr. Schnierer hat es auch abgelehnt, dies zu tun.Das Strafverfahren wird gegen den unbekannten Autor nicht eröffnet,sondern der Privatkläger muss den Autor nennen. Ich werde mich be-mühen, den pseudonymen Verfasser des Artikels innerhalb der Fristzu eruieren, was mir jedoch bisher nicht gelungen ist, trotzdem ichbei allen mir bekannten Journalisten angefragt habe.

Wollen Sie mir bitte mitteilen, ob Herr Kraus das Verfahren gegen die verantw. Redakteurin durch diese Erklärungund Bezahlung der Kosten ohne Bezahlung eines Bussebetrages beendenwill.

Da mir Dr. Stein erklärt hat, die zweitevon mir geforderte Berichtigung werde wieder nicht erscheinen, werdeich den Antrag nach § 14 überreichen. Ich hoffe, dass diesmal derRichter den Wortlaut des Berichtigungsschreibens nicht als dem § 11Pressgesetznovelle widersprechend ansehen wird.

Indem ich bitte, mir die Entscheidung des HerrnKraus, dem ich mich empfehlen lasse, bald bekanntgeben zu wollen, zeich-ne ich

in vorzüglicher Hochachtung ergebenerDr. Turnovsky

Prager Tagesblätter 14/I. 34/3Die ungeheure Mitschuld jede Nicht um einen Geist, Gesinnung und Erfolge der Pressehat Kraus von dem assimilatorischenStandpunkt seiner „Krone für Zion“ zu der hef-tigen Verdammung des Jüdischen geführt, diedurch seine Ode „Krone für Zion“ zu der hefti-gen Verdammung des Jüdischen geführt, diedurch seine Ode „Gebt an die Sonne von Gibeonbebt

Titel Keinen Zusatz zur ErklärungKeinen Zusatz zur BerichtigungKeinen Artikel in einer folgendenNummer zur Materieder Ehrenerklärung

KrausGegenangriff20. JAN. 1934