193.94 Presseberichtigung der in Nr. 106 der Prager Presse vom 16. April 1936 unter dem Titel Karl Kraus ca. Sozialdemokrat veröffentlichten Nachricht

Schreiberhände:

  • Oskar Samek, roter Stift

Materialitätstyp:

  • Durchschlag mit handschriftlichen Überarbeitungen
Datum: 16. April 1936
Seite von 2

Pressberichtigung

der in Nr. 106 der PRAGER PRESSE vom 16. April 1936 unter dem TitelKarl Kraus contra ‚Sozialdemokrat“ veröffentlichten Nachricht.

Es ist unwahr, dass sich der Privatkläger insbesondere durch den Vorwurf, dass er sich dem österreichischenRegime gleichgeschaltet habe, beleidigt fühlte,

wahr ist vielmehr, dass er in gleichemMasse sowohl diese, als auch zahlreiche andere dem wahren Sach-verhalte widersprechende Behauptungen für beleidigend erachtetund deshalb die Klage überreicht hat.

Es ist unwahr, dass das Gericht bei einerReihe von Hauptverhandlungen die von beiden Parteien angebote-nen Beweise teilweise durchgeführt hat,

wahr ist vielmehr, dass bei den Haupt-verhandlungen nur die Beweise durch Verlesung des inkriminier-ten Artikels, sowie eines am 26. April 1934 im „Sozialdemokrat“erschienenen dem Privatkläger huldigenden Artikels angetretenworden sind und dass weder die beantragten, noch diese Beweisebisher Gegenstand der Beurteilung waren.

Es ist unwahr, dass bei der heutigen letz-ten Hauptverhandlung der Verteidiger des Dr. Emil Strauss seineAusführungen durch den Hinweis auf den Umstand ergänzte, dassder Privatkläger bei Erledigung eines anderen Prozesses zwischenden gleichen Parteien sich die Fortsetzung dieses Prozessesüberhaupt nicht vorbehalten und daher gemäss § 18 des Gesetzesüber den Schutz der Ehre das Klagerecht verloren hat,

wahr ist vielmehr, dass der Verteidigerdes Dr. Emil Strauss schon vor der Verhandlung in einer schrift-

lichen, nach fast zweijähriger Fortführung des Prozesses überreichten Eingabe, auf die er bei der Verhandlung hinwies,zur Verteidigung des Angeklagten angeführt hat, der Kläger sei des Klagerechtes gemäss § 18 des Ehrenschutzgesetzes verlustig geworden; und zwar weil er sich in einem spätervom Privatkläger gegen den Angeklagten angestrengten Pro-zesse, in welchem sich der Angeklagte zur Veröffentlichungdes Widerrufes ähnlicher Beleidigungen, zur Bezahlung derVerfahrens- und Anwaltspesen und zu einer Busse zu Gunstender Arbeitslosen der Hauptstadt Prag verpflichtete, dieWeiterverfolgung der im ersten Prozesse unter Anklage ge-stellten Beleidigungen nicht vorbehalten hat. [Diesen Vor-behalt hat der Anwalt des Klägers in der Bestimmung des§ 18 des Ehrenschutzgesetzes, welcher sich ausdrücklich undausschliesslich auf „ Gegenseitige Klagen“ bezieht, nichtfür begründet erachtet. ]

Karl Kraus.