196.16 Brief RA Robert Herrmann an Samek

Materialitätstyp:

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Sender

Dr. ROBERT HERRMANN
MASARYKSTRASSE 25/27
BRÜNN
Datum: 22. November 1934
Betreff: Kraus – Arbeiterzeitung.
Diktiersigle: Dr.G/b

Empfänger

An: Wohlgeboren Herrn | Dr. Oskar Samek, | Rechtsanwalt
Reindorfgasse 18
Wien XIV.
Datum: 23. NOV. 1934
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Kollege,

Ich erhielt Ihr gesch. Schreiben vom 17. d.M. und glaube Ihre Bedenken zerstreuen zu dürfen. In einer an-dern Entscheidung des Obersten Gerichtes Nr. 3541/29 ist näm-lich ausdrücklich erklärt, dass die Bestimmung des § 6/ jetzigen § 12 / der Pressgesetznovelle über die Hemmungder Verjährung auch dann gilt, wenn der Privatankläger denwahren Urheber schon vor Einbringung des Begehrens um Ver-folgung des verantwortlichen Redakteurs gekannt hat.

Da der § 6 bei der Behandlung der Verjährungzwischen subjektiver und objektiver Verjährungsfrist nicht un-terscheidet, hat er zweifellos beide Fristen im Auge. Diesist im Uebrigen in der oben zitierten Entscheidung Nr. 3541 auch ausdrücklich erklärt. Das Oberste Gericht hat in die-ser Entscheidung gesagt, dass die Bestimmung des § 12/ jetzt 6 / der Pressgesetznovelle betreffend die Hemmungder Verjährungsfrist zwingendes Recht ist und dass durchdiese Bestimmung der § 530 des Strafgesetzes für den Be-reich der Pressdelikte abgeändert wurde.

Ueber den Zweck der behandelten pressgesetz-lichen Norm, ist in der angeführten oberstgerichtlichenEntscheidung gesagt: Zweck der Vorschrift über die Hemmungder Verjährung bei Beleidigungsdelikten ist, dem Privatan-

kläger vollkommene Freiheit zu verbürgen, von den nach demGesetz verantwortlichen Personen gerade jene zu verfolgen, vonderen Verfolgung er sich auf Grund der Ergebnisse des Straf-verfahrens, das vielleicht nur gegen eine von ihnen geführtwurde, erhofft, dass er am zweckmässigsten und leichtestendas durch die Privatanklage verfolgte Ziel, nämlich die Reha-bitilierung vor der Oeffentlichkeit erreicht.

Heute erhielt ich auch schon die Ladung zur Vergleichs-verhandlung, welche vom Strafkreisgericht auf den28. November d.J., 9 Uhr vormittags, Saal 25angeordnet wurde.

Die Satisfaktionserklärung, die Sie mir mit Ihrem Briefvom 17. d.M. übermittelt haben, habe ich zur Kenntnis genommen.Ich nehme an, dass Herr Kraus verlangt, dass im Falle einesVergleiches die Erklärung in der Arbeiterzeitung abgedrucktwerde.

Ich zeichnemit vorzüglicher HochachtungergebenerDr. Herrmann

KrausArb. Zeitung 23. NOV. 1934