196.71 Brief Samek an RA Felix Gallia

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Reindorfgasse
XV., Rudolfsheim-Fünfhaus
Datum: 17. März 1936
Betreff: Kraus – Arbeiter-Zei-|tung.
Diktiersigle: Dr.S/Fa.

Empfänger

An: Herrn | Dr. Felix Gallia, | Advocat
Masarykstrasse 25-27
Brünn
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Kollege!

Trotz der so gründlichen Besprechung, diewir am Samstag mit Herrn K. hatten, und die mir ein überausgrosses Vergnügen bereitet hat, weil ich Gelegenheit hatte, Siekennen zu lernen, sind wir in einigen der berührten Punkte zukeinem Entschluss gekommen. Am wichtigsten erscheint Herrn K. und mir der Punkt wegen Erweiterung der Klage, durch die In-kriminierung der im Schriftsatz selbst enthaltenen Beleidigun-gen. Vielleicht wäre gerade dadurch die Möglichkeit gegeben,das Gericht über die Intentionen des Herrn K. aufzuklären, derenmangelnde Kenntnis offenbar die Ursache für manches Missver-ständnis gewesen ist. Besonders möchte ich Sie auf den Punktaufmerksam machen und Ihre Meinung zu der Frage erbitten, obman nicht auch die Beleidigung unter Anklage stellen solle,die darin enthalten ist, dass es verschiedene Ausgaben derFackel gebe und dass in einer österreichischen Ausgabe etwasstehe, was in den ausländischen Ausgaben nicht enthalten sei.Dadurch wird Herrn K. der Vorwurf gemacht, seine Meinung nichtüberall in der gleichen Weise zu vertreten, was wohl auch derVorwurf der Gesinnungslumperei ist. Ferner bittet Sie Herr K.,sich den Bericht des ‚Prager Tagblattes‘ über den Prozess an-zusehen und mitzuteilen, ob Sie der Meinung sind, dass manihn berichtigen könne und in welchen Punkten diese Berichtigung

möglich wäre. Ferner wurde nicht endgültig besprochen, ob HerrK. vor der Hauptverhandlung sich in Brünn einvernehmen lassensoll oder in der Hauptverhandlung selbst. Was würden Sie zumeinem Vorschlag sagen, dass Herr K. sich vorher einvernehmenlässt, damit die Protokollierung genau und ausgiebig wird, unddass er gleichwohl zur Hauptverhandlung selbst auch erscheint?

Ich habe ferner vergessen, Ihnen das über-lassene Buch zu bezahlen. Eine Erklärung hiefür finde ich nurdarin, dass wir in das finstere Vestibül getreten sind, wo dasZählen des Geldes Schwierigkeiten gemacht hätte. Da ich dasBuch nun einmal nicht bezahlt habe, so warte ich vorerst IhreNachricht ab, ob Sie sich ein anderes Exemplar beschaffen konn-ten und werde Ihnen dann den Betrag auf Ihr Postsparkassenkontoüberweisen lassen. Ich bitte Sie, mir zu diesem Zweck einen Er-lagschein einsenden zu lassen.

Indem ich Sie herzlichst grüsse, zeichneich

mit vorzüglicher kollegialer HochachtungIhr ergebener

Betr. KrausArbeiter Zeitung exp. 17.3.1936.