196.86 Brief Samek an RA Felix Gallia

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Reindorfgasse
XV., Rudolfsheim-Fünfhaus
Datum: 27. April 1936
Betreff: Kraus – Arbeiter-|Zeitung.
Diktiersigle: Dr.S./Fa.

Empfänger

An: Herrn | Dr. Felix Gallia, Advokat
Masarykstrasse 25/27
Brünn
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Kollege!

Mit bestem Dank auch von seiten des HerrnK. bestätige ich den Empfang Ihres freundlichen Schreibens vom24. April 1936. Herr K. wird nach Ihrem Vorschlag am Mittwoch den29. April nach Brünn kommen, und lässt Sie bitten, ihm ein ein-faches, ruhiges Zimmer in einem Hotel in der Nähe Ihrer Kanzlei zu bestellen.

Bei der neuerlichen Durchsicht des Schrift-satzes, die eine Herrn K. befreundete Dame vorgenommen hat, wurdennoch einige Unebenheiten, ja sogar Fehler entdeckt. Ich weiss nicht,ob es notwendig ist, deshalb einen eigenen Schriftsatz zu machenoder ob es geht, dass Sie einfach zu Gericht hingehen und sie imOriginal ausbessern.

Auf Seite 8 des Schriftsatzes, Zeile 13 ist das Wort„Erkenntnis“ vielleicht nicht ganz verständlich und sollte besserdurch das Wort „Kenntnis“ ersetzt werden.

Auf Seite 12, Zeile 24 des Zitates ist ein Schreibfehler,es soll richtig „Tendenz“ anstatt „Tedenz“ heissen.

Auf Seite 28, Zeile 2 bis 5 habe ich aus dem Schriftsatz der Angeklagten zitiert, dass die Angeklagten behaupten, er (derPrivatkläger) gehe in der Mai-Nummer aus dem Jahre 1934 „schliess-lich so weit, dass er in ihr den Propagandaminister Oberst WalterAdam feiert“. Obwohl mir das Heft vorlag und ich sofort feststel-len konnte, dass es sich nicht um die Mai-Nummer aus dem Jahre 1934

handelte, in welchem Jahr keine Mai-Nummer erschienen ist, sondernum die Mai-Nummer aus dem Jahre 1935, habe ich das falsche Zitataufgenommen. Es wäre also das Jahr „1934“ in „1935“ richtigzustel-len. Eine Absicht der Angeklagten bei diesem falschen Zitat desJahres liegt nicht vor, weil sie im Beweisantrag richtig die Mai-Nummer 1935 zitieren. Das Weitere wird Herr K. mit Ihnen persönlichbesprechen.

Dass die Klage an das Bezirksgericht abge-treten wurde, nimmt mich Wunder, weil doch nach den Vorschriften derStrafprozessordnung sämtliche Strafsachen gegen die gleichen Ange-klagten miteinander zu verbinden sind und es sich hier überdiesum eine konnexe Strafsache handelt.

Wie Ihnen bekannt sein dürfte, ist im PragerProzess durch eine nach der Meinung des Herrn Dr. Turnovsky undauch nach meiner Meinung falsche Auslegung des § 18 des Ehren-schutzgesetzes ein Malheur passiert, und ich möchte Sie deshalbdarauf aufmerksam machen, dass man sich vorsichtshalber, fallsnicht eine Wiedervereinigung stattfindet, in dem Prozess, in welchemdas Beweisverfahren zuerst geschlossen wird, das Verfolgungsrechtfür den anderen Prozess wird vorbehalten müssen. Dass dies notwen-dig ist, zeigt schon die Absurdität der Auffassung des Prager Ge-richtes über diese Gesetzesstelle.

Wenn es mir möglich sein wird, möchte ichgerne zur Hauptverhandlung nach Brünn kommen und würde mich freuen,Sie bei dieser Gelegenheit wieder begrüssen zu können.

Ich bin mit vorzüglicher kollegialerHochachtungIhr ergebener