196.108 Übersetzung. Die Beklagten treten den Wahrheitsbeweis resp. den Beweis des entschuldbaren Irrtums an (G.Z. T IV 1135/36)

Materialitätstyp:

  • Durchschlag
Datum: 18. Mai 1936
Seite von 4

Uebersetzung.

G.Z. T IV 1135/36

Die Beklagten treten den Wahrheitsbeweis resp. den Beweisdes entschuldbaren Irrtums an.

In der aussen bezeichneten Angelegenheit über-reichen wir in der uns hiezu gestellten Frist bei diesemGericht diese Eingabe, mit der wir den Wahrheitsbeweis resp.den Beweis des entschuldbaren Irrtums durchführen:

1./ Dieses Gericht ist unzuständig und das bisherdurchgeführte Verfahren nichtig, weil der Privatkläger mitseinem Verfolgungsantrag das Strafkreisgericht in Brünn undnicht dieses Gericht angerufen hat.

Das Strafkreisgericht hat über seine Unzuständig-keit in der gesetzlich vorgeschriebenen Form überhaupt nochnicht entschieden, d.h. weder durch Urteil noch durch Beschluss.Es ist daher ständig zur Entscheidung dieses Pressestritteszuständig.

Laut Entscheidung des Obersten Gerichts Slg.Vážný 3345 muss das Schöffengericht in einem solchen Falleausschliesslich mit Urteil entscheiden, weil seine Entschei-dung über die Unzuständigkeit die Lösung der Rechtsfrage derQualifizierung der geklagten Handlung voraussetzt, nämlich obes um eine mittels Druckschrift begangene Beleidigung geht odernicht.

Beweis: Die Akten Tl III 256/35, Tl X 299/34 desStrafkreisgerichtes in Brünn.

2./ Ich angeklagter Josef Schramek bin zu dieser Kla-ge passiv überhaupt nicht legitimiert, da ich meinem Ver-teidiger keinen Auftrag zur Durchführung des Wahrheitsbe-weises und demzufolge auch nicht zur Verfassung des vor-bereitenden Schriftsatzes vom 18.2.1936, dessen Inhalt mirunbekannt ist, gegeben hatte und auch nicht nachträglich zuseiner Verfassung weder Informationen noch meine Zustimmungerteilte. Ich habe meinem Verteidiger einzig und alleinAuftrag gegeben, bei der Hauptverhandlung vom 18.2.1936 inmeinem Namen zu erklären, dass ich hinsichtlich des GedichtesZeitgeister“, dessentwegen allein ich geklagt wurde, wederden Wahrheitsbeweis noch den Beweis entschuldbaren Irrtumsantrete. Dies ist auch geschehen. Insoferne mein Verteidiger meinen Namen im vorbereitenden Schriftsatz vom 18.2.1936 an-geführt hat, geschah dies in der Kanzlei im Drange der Arbeit,da jener vorbereitende Schriftsatz auf Grund der Informationbloss des Mitbeklagten Sonka knapp vor der Hauptverhandlungverfasst worden ist.

Beweis: Wie ad 1/ und durch die Zeugenschaft des Dr. KarlKřepelka, Advokaturskonzipienten in Brünn, Salzamtsgasse 3a.

3./ Durch die Ueberreichung des vorbereitenden Schrift-satzes vom 18.2.1936 habe ich Hugo Sonnenschein von meinemRecht auf Verteidigung Gebrauch gemacht und die Grenzendieses Rechtes in keiner Weise überschritten. Zur Behauptungsub IX/ habe ich meinem ausgewiesenen Verteidiger ausdrücklich

als Beweis die österreichische Ausgabe der ZeitschriftDie Fackel Nr. 912–915 angeboten, weil ich die Aeusserungvon der Partei, welche den Hausherrn hinausgeworfen hat,in der österreichischen Ausgabe der erwähnten Zeitschrift gelesen hatte. Der Privatkläger erklärt zwar feierlich, dasszweierlei Ausgaben der Zeitschrift die Fackel nicht exi-stieren, aber gleich in einem Atem gibt er zu, dass es docheinen Unterschied zwischen der čechoslowakischen und öster-reichischen Ausgabe gibt und das gerade in der Preisangabe.Ich kann nichts dafür, dass ich jene Ansicht des Privat-klägers, welche ich in meinem Antrag vom 18.2.1936 ver-wendet habe, gerade in der österreichischen Ausgabe ge-lesen habe. Während die übrigen Zitate mir durchwegs ent-weder aus den alten, zur Zeit Oesterreich-Ungarns natur-gemäss einheitlichen Ausgaben oder aus den für die Če-choslowakei bestimmten Exemplaren bekannt waren, las ichdie Behauptung sub IX/ des vorbereitenden Schriftsatzes gerade in der österreichischen Ausgabe. Nur wegen dersichereren Auffindung der zitierten Stelle habe ich in derInformation meinem Verteidiger mitgeteilt, dass sichjenes Zitat in der österreichischen Ausgabe Nr. 912–915 derZeitschrift Die Fackel befindet, was auch der Privatkläger in seiner Klage selbst zugegeben hat. Ich habe diesem kei-nerlei beleidigende und vom Privatkläger mit imputiertebeleidigende Färbung gegeben.

Beweis: Information, welche ich vorlegen werde.

Aus der Vermutung des Privatklägers, welcheauf der letzten Seite der Klage ausgesprochen ist,d.i. als ob es um einen Ausdruck besonderer Böswil-ligkeit und Hasses ginge, ist zu ersehen, dass derPrivatkläger in seinem Urteil nicht objektiv ist undsich um jeden Preis bemüht, mir die im Presstritt ange-tretene Durchführung des Wahrheitsbeweises resp. Bewei-ses des entschuldbaren Irrtums unmöglich zu machen. Einederartige Handlungsweise sucht gerade das Gesetz überden Schutz der Ehre zu verhindern und zwar im § 6, Abs. 1,auf welchen ich mich insbesondere in dieser meiner Ver-teidigung berufe.

Josef Schramek.Hugo Sonnenschein.

Brünn, am 18. Mai 1936.

KrausArb.Ztg. 12. JUNI 1936