Die Wiener Mittags-Zeitung brachte folgende Anekdote des Tages: „Egon Friedell soll einmal Karl Kraus gefragt haben, ob er sich schon duelliert habe. Dieser antwortete: ‚O ja! Ich bin schon oft geohrfeigt worden!‘“ (175.1). Kraus und Samek klagten den verantwortlichen Redakteur Karl Mautner wegen Ehrenbeleidigung begangen durch die Presse und belegten, dass diese Anekdote reine Erfindung sei und dass Friedell die ihm zugeschriebenen Sätze nie gesagt haben könne. Friedell bestätigte dies auch selbst. Die Wiener Mittags-Zeitung entschuldigte sich daraufhin bevor es zur Hauptverhandlung kam, und erklärte sich bereit, eine Ehrenerklärung abzudrucken und eine Buße an das Blinden-Erziehungs-Institut (zum Ankauf eines Radioapparats) zu zahlen. In der Ehrenerklärung wurde Kraus’ Name allerdings nicht im Sperrdruck gedruckt, was zur Folge hatte, dass unklar blieb, ob sich die Wiener Mittags-Zeitung bei Friedell oder Kraus entschuldigte. Samek beanstandete dies, doch die Wiener Mittags-Zeitung verweigerte eine neuerliche Erklärung: Der Name Kraus war in dem von Kraus und Samek zugesandten Manuskript nicht entsprechend gekennzeichnet worden. Wenn diese Haltung kein Verständnis finde, erklärte der Chefredakteur Eugen Vogl, dann sehe er das als Schikane und behalte sich vor „die ganze Sache publizistisch zur Austragung zu bringen“ (175.15). Der Verlag Die Fackel schrieb daraufhin an Samek: „Wir können Ihnen auch anvertrauen, daß die Drohung des Herrn Chefredakteurs, die ganze Sache publizistisch auszutragen, sie also ungeachtet des Zivilrechtsweges gleich vor höchste Instanz, die es im Staatswesen gibt, zu bringen, Herrn Kraus dermaßen konsterniert hat, daß er sich nicht sogleich dazu äußern konnte. Nervöse Erscheinungen, darunter ein Lachkrampf, der sich seiner bemächtigte und dessen Folgen noch immer nicht ganz verschwunden sind, haben – nebst Verhinderung durch sonstige Arbeit – die Erledigung Ihres Wunsches, sich zu dem Schreiben des Herrn Chefredakteurs zu stellen, verzögert, und er darf wohl vermuten, daß dieser die Nichtbeantwortung bereits darauf zurückgeführt habe, daß seine Drohung gewirkt und Herr Kraus klein beigegeben hat“ (175.16). Tatsächlich gebe sich Kraus zufrieden, ließ Samek die Wiener Mittags-Zeitung wissen, der er eine Abschrift des oben zitierten Briefes zusandte.
175.1 Zeitungsartikel aus: Wiener Mittags-Zeitung
9. Februar 1932
keine Orte
keine Klassifikation
keine Angaben
12. Februar 1932
175.2 Notiz (Abschrift) aus Egon Friedells Kulturgeschichte der Neuzeit
12. Februar 1932
keine Orte
keine Klassifikation
keine Angaben
175.3 Brief Samek an Egon Friedell
12. Februar 1932
175.4 Brief Egon Friedell an Samek
19. Februar 1932
175.5 Beschluss des Strafbezirksgerichts I Wien (G.Z. 5 U 86/32, Johann Powalatz)
13. Februar 1932
15. Februar 1932
keine Orte
keine Klassifikation
keine Angaben
175.7 Brief Josef Bartosch an Kraus
28. Februar 1932
175.8 Brief RA Kurt Schreiber an Samek
3. März 1932
175.9 Brief Samek an Wiener Mittags-Zeitung
7. März 1932
7. März 1932
175.10 Beschluss des Strafbezirksgerichts I Wien (G.Z. 5 U 86/32, Landesgerichtsrat Standhartinger)
7. März 1932
175.11 Zeitungsartikel aus: Wiener Mittags-Zeitung
8. März 1932
keine Orte
keine Klassifikation
keine Angaben
175.12 Brief Direktion des Blinden-Erziehungs-Instituts Wien II an Samek
11. März 1932
175.13 Brief Samek an RA Kurt Schreiber
12. März 1932
175.14 Brief Direktion des Blinden-Erziehungs-Instituts Wien II an Samek
19. März 1932
23. März 1932
175.16 Brief Verlag Die Fackel an Samek
8. April 1932
175.17 Brief Samek an Wiener Mittagszeitung (Chefredakteur Eugen Vogl)
9. April 1932
9. Februar 1932
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keine Klassifikation
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