19.16 Berufungsausführung des Privatanklägers

Schreiberhände:

  • Oskar Samek, Bleistift

Materialitätstyp:

  • Durchschlag mit handschriftlichen Überarbeitungen
Datum: 9. Februar 1926
Seite von 10

U I 286/25

An dasStrafbezirksgericht IWien.

Privatankläger: Karl Kraus, Schriftsteller, Wien III. Hintere Zoll-amtsstrasse 3 durch:

Beschuldigte: 1.) Anton Kuh, Schriftsteller, Wien III. Hotel Beatrix,Beatrixgasse 1 2.) Dr. Fritz Kaufmann, Schriftleiter der „StundeWienVIII. Piaristengasse 56 wegen Uebertretung des § 496 St.G. 1 fachbegangen durch die Presse

Berufungsausführung des Privatanklägers.

Gegen das Urteil des Strafbezirksgerichtes I vom21.1.1926, G.Zl. U I 266/25/5, habe ich bei der Hauptverhandlungdie Berufung wegen eines vorliegenden Nichtigkeitsgrundes an-gemeldet und zugleich eine Urteilsabschrift zur Ausführungder Berufung erbeten. Die Abschrift wurde meinem Anwalt am1.11.1926 zugestellt. Innerhalb der achttägigen Frist über-reiche ich durch ihn nachstehendeAusführung der Berufung:

Ich mache den Nichtigkeitsgrund des § 464 Ziffer 1(281 Ziffer 6) St.P.O. geltend.

Das Gericht erster Instanz hat seine Nichtzuständig-keit ausgesprochen, weil es in der unter Anklage gestelltenTat, Anwendung des Wortes „Vortragsaffe“ auf die Person desPrivatanklägers, nicht den Tatbestand des § 496, sondern des§ 491 St.G. erblickt. Diese Ansicht des Erstrichters, dass essich im vorliegenden Falle um den Tatbestand des § 491 St.G. handelt, ist jedoch rechtsirrig. Der § 491 StG. enthält zweivon einander verschiedene Tatbestände: 1.) das Zeihen verächt-licher Eigenschaften und Gesinnungen und 2.) das dem öffent-lichen Spott Aussetzen. Da das Urteil erster Instanz nichtklar erkennen lässt, welchem der beiden Tatbestände es die Tatunterstellt, sowohl von einem „Tun und Treiben des Privatanklägersund von „ Charaktereigenschaften“ als auch davon spricht, dasser dem öffentlichen Spott ausgesetzt werde, muss ich mich mitdem Urteile nach beiden Richtungen hin auseinandsetzen, ob-wohl nicht anzunehmen ist,dass der Privatankläger durch die-ses Wort verächtlicher Eigenschaften und Gesinnungen geziehenwerden sollte und könnte.

Der erste Tatbestand, das Zeihen verächtlicher Eigen-schaften und Gesinnungen, wird von Lammasch auch als übleNachrede im engsten Sinn des Wortes bezeichnet, von Stooss unter die Angriffe auf den guten Ruf eingereiht. Die Vor-

aussetzung der Unterstellung einer Beleidigung unter diesenTatbestand ist, dass einer Person der Vorwurf von Charakter-fehlern gemacht wird, dass der Beleidigte entehrender Handlun-gen, wenn auch nicht bestimmter Handlungen beschuldigt wird.

Der zweite Tatbestand, der öffentlichen Verspottung,liegt dann vor, wenn jemand durch Antastung seines sittlichenWertes oder durch Vorwürfe anderer Art in der öffentlichenMeinung lächerlich gemacht wird, jedoch genügt hiezu nichtjedes Lächerlichmachen, Scherz und Satire sollen dadurch nichtausgeschaltet werden, sondern es ist erforderlich, dass das An-sehen schwer und dauernd geschädigt wird, dass er in der öffent-lichen Meinung „entehrt“ wird.

Bezüglich des Begriffes Schimpfwort lässt sich nun einefür alle Fälle passende juristische Definition überhaupt nichtgeben. Ein Wort kann bei gewissen Personen und in gewissen Krei-sen als Schimpfwort aufgefasst werden, in anderen nicht. Es ent-scheidet da der partikuläre Sprachgebrauch und die Bedeutungim einzelnen Falle. Jedenfalls ist sich Theorie und Praxisdarin einig, dass die Abgrenzung zwischen Verspottung und Be-schimpfung bei Gebrauch eines einzelnen Wortes, das entwederals Schimpfwort oder als Verspottung aufgefasst werden könnte,darauf Rücksicht zu nehmen hat, ob dieses Wort mit einem bestimm-ten Vorfall als Folgerung verbunden ist‚ ob dieses Schimpfwortauch seiner Bedeutung nach diesen Vorfall deckt und ob derVorwurf dieses Vorfalles selbst der einer entehrenden Handlungdes Geschmähten enthält.

Ich verweise diesbezüglich auf folgende Entscheidungen,aus denen ich die wichtigsten, für diesen Fall entscheidendenSätze zitiere und zwar: Sammlung strafrechtlicher Entscheidun-gen des k.k. obersten Gerichts- und Kassationshofes von Dr. JuliusGlaser, Dr. L. Adler, Dr. K. Krall und Dr. Josef von Walter Nr. 972,1342 und 1383. – Plenarbeschlüsse und Entscheidungen des obersten

Gerichts- als Kassationshofes, Sammlung Dr. R. Novak, Dr. EduardGaumont und Dr. Karl Schreiber Nr. 1723, 1870, 1933, 2112, 2926, 3376,3436, 3716 und 4484, ferner die aus neuester Zeit stammende, inden Sammlungen bisher nicht veröffentlichte Entscheidung desobersten Gerichtshofes vom 2. Juni 1922 in der bekannten Ange-legenheit des Dr. Alfred Diwald gegen Dr. Moritz Wlassak.

Insbes. möchte ich auf die Entscheidung 1723 hinweisen,wo als Kriterium des Schimpfwortes angesehen wird, dass es sichum „ein in ein Schimpfwort gekleidetes abstraktes Urteil,bezüglich dessen sich mit Grund nicht sagen lässt, dass mitdemselben nicht die Person des Anklägers, sondern nur seineHandlungsweise bezeichnet werden sollte“ handelt; ferner aufdie Sätze der Entscheidung 2926 in der ausgesprochen wird, „dassnicht jedes Lächerlichmachen, auch wenn es sich als ein Karikie-ren darstellt oder in einer sarkastischen oder ironischen Äusserung besteht, genügt, dass dem Lächerlichmachen doch wohl einElement des Herabsetzens in der öffentlichen Meinung eigensein muss. Auch Scherz und Spott können im Lächerlichmachen übereinkommen, aber sie unterscheiden sich dadurch, dass letzterezugleich herabwürdigt, verächtlich macht“. Ferner insbes. aber aufdie Entscheidung 3716: „ Sanders Wörterbuch der deutschen Spra-che, § 1146, stellt den Begriff des ‚Spotte aussetzen‘ gleichjenem des ‚in Schande bringen‘. In gleicher Weisefordern Hye, das österreichische Strafrecht, S. 744 und über-einstimmend mit ihm die Kassationsentscheidung Slg.Nr. 3376 zum Begriffe der Verspottung, dass die Person des Verspottetenoder dessen Eigenschaften ‚verächt-lich dargestellt oder wenigstensgemacht werden‘. Finger, Strafrecht, 1910, II. Bd. S 203, führt bei Besprechung des § 491 StG. aus: ‚Unter Verspot-tung ist hier nicht schon Lächerlichmachen zu verstehen, sondern

(wie die Ueberschrift ‚Schmähungen‘ zu § 491 StG. und der Ge-brauch des Wortes Schmähschriften im Kontext beweist) nurjenes Lächerlichmachen, durch welches jemand in derAchtung herabgesetzt werden soll‘.Stooss, Lehrbuch des österreichischen Strafrechtes, 1909, S. 305.sagt: ‚Auch wer jemand dem öffentlichen Spotte aussetzt, begehteine Schmähung. Zum Tatbestände gehört nicht nur, dass jemandeinen anderen verspottet, sondern, dass er ihn dadurch dem öffent-lichen Spotte aussetzt, dass er Gegenstand des öffentlichenSpottes wird. Dadurch wird zwar nicht sein guter Ruf, aber dochsein Ansehen bei den Mitbürgernherabgesetzt‘. Soll daher die Verspottung bis zurHöhe strafrechtlicher Ahndung heranreichen, so muss sie ineiner öffentlichen, gegen den Privatankläger gerichteten Hand-lung bestehen, die ihn gleich der Schmähung in seinem Ansehenherabsetzt und die Achtung vor ihm mindert. Das Lächerlich-machen an sich genügt somit nicht, es muss ihm zugleich dieserehrverletzende Charakter innewohnen.“

Da der Akt Diwald-Wlassak dem Strafgerichte vielleichtschwer zugänglich sein könnte oder erst beschafft werden müsste,lege ich Abschriften dieser Entscheidungen bei.

Wie aus diesen Entscheidungen hervorgeht, hatte ProfessorWlassak damals folgende, unter Anklage gestellte Aeusserung ge-macht: „Das haben sie vom Diwald, sagen sie diesem Esel, dass dasein Blödsinn ist! “ Im Gegensatze zum Strafbezirksgerichte I,welches diese Tat dem Tatbestande des § 491 StG. unterstellte,haben das Landesgericht f. ZRS. und der oberste Gerichtshof denTatbestand des § 496 für gegeben erachtet, der oberste Gerichts-hof mit folgender für diesen Fall auch wichtigen Begründung:

Was zunächst die Frage der Anwendung des materiellenStrafgesetzes auf den vorliegenden Fall anlangt, ist davonauszugehen, dass die Bezeichnung des Privatanklägers als ‚Esel‘,wie das Berufungsurteil zutreffend ausgesprochen hat, eine Be-

schimpfung ist. Unter dieser ist eine Ehrverletzung zu verste-hen, die – selbst wenn sie ihrem Inhalte nach minder bedeutendsein sollte, – einen schweren Charakter durch ihre Form erhalte.Nicht mit Unrecht wird die Beschimpfung in der Wissenschaftauch Formbeleidigung genannt. Der Angriff auf die Ehre kenn-zeichnet sich bei der Beschimpfung durch eine gewisse Roheitdes Ausdruckes, Beschimpfung ist mehr als Beleidigung, denn sieerfordert die verletzende Form beleidigender Missachtung. Esist zweifellos richtig, dass, wie das bezirksgerichtliche Urteilaussprach, der Sinn der Aeusserung des Angeklagten auch der war,das Ansehen des Privatanklägers in der Oeffentlichkeit, insbe-sondere in der Studentenschaft zu untergraben, seine juristi-schen Fähigkeiten herabzusetzen und seine Unkenntnis des rö-mischen Rechtes zu brandmarken. Mit der Erhebung der Vorwürfegegen den Privatankläger hat sich aber der Angeklagtebegnügt. Er hat vielmehr durch die Wahl des Wortes ‚Esel‘ demPrivatankläger überdies noch seine Verachtung bezeugt. Und selbstwenn der Angeklagte in der Lage gewesen wäre, den Wahrheitsbeweisfür den von ihm gegen den Privatankläger erhobenen Vorwurf derUnkenntnis des römischen Rechts zu erheben, und selbst wenner sich als Lehrer verpflichtet und berechtigt gehalten hat,das Ansehen des Privatanklägers in der Oeffentlichkeit und beider Studentenschaft zu untergraben und seine juristischen Fä-higkeiten zu beleuchten, so war es ihm doch verwehrt, dies mitdem Ausdruck seiner Missachtung zu verbinden, die sich in demWorte ‚Esel‘ zweifellos kennzeichnet. Die vom Berufungsgerichtevorgenommene Unterstellung der Tat des Angeklagten unter dieBestimmungen des § 496 StG. entsprach somit dem Gesetz.

Ferner ist zur Beurteilung dieses Falles auch nochder Sinn der Entscheidung Nr. 1870 heranzuziehen, deren Inhaltin dem Marginale dieser Entscheidung treffend mit den Worten

wiedergegeben ist: „Mit tatsächlichen Anführungen als nachForm und Inhalt angemessene Folgerung verbunden, lassen sichAusdrücke wie Lügner, Verleumder, Wucherer u.dgl., welche ihrerBedeutung nach eine Schmähung in sich schliessen, nicht Schimpf-worten gleich der Bestimmung des § 496 StG. unterstellen.

Als wichtigste Voraussetzung muss aber dann auch gelten,dass sich der Inhalt des gebrauchten Wortes mit dem Inhalteder Handlung, auf die das Wort angewendet werden soll, deckt.

Aus dem vorher Gesagten und den zitierten Entscheidungenergibt sich, dass es zweierlei Arten von Schimpfworten gibt,solche, welche ihrer Bedeutung nach eine Schmähung in sichschliessen und solche, welche dies nicht tun. Eine Schmähungschliessen Schimpfworte dann in sich, wenn sie gleichzeitigin der Lage sind zum Ausdrucke zu bringen, dass der Beschimpfteverächtlicher Gesinnungen und Eigenschaften geziehen wird.Aber auch bei der Anwendung dieser Worte wird die Subsumtionunter den Tatbestand des § 491 StG. nur dann angenommen, wennsie als nach Form und Inhalt angemessene Folgerungen mit tat-sächlichen Anführungen verbunden sind. Sind sie mit tatsächlichenFolgerungen verbunden, welche den Beleidigten nicht verächt-licher Eigenschaften und Gesinnungen zeihen, so liegt nichtder Tatbestand des § 491, sondern der des § 496 StG. vor.

Die Entscheidung 1870 führt mit Recht und wohl-überlegt nur Ausdrücke wie Lügner, Verleumder, Wuchereru. dgl. als derartige Schimpfwörter an, welche je nach dem,ob sie mit tatsächlichen Anführungen verbunden sind odernicht, den Strafbestimmungen des § 491 oder 496 StG. zuunterstellen sind, weil diese Wörter eben eine Handlungsweisebeinhalten, welche auf verächtliche Eigenschaften und Gesinnun-gen hinweisen und gewissermassen nicht anderes sind alseben das Zeihen dieser Eigenschaften. Andere Worte aber, insbes.

als Schimpfwörter verwendete Tiernamen, die Wörter Trottel,Trampel, Kerl u.dgl. enthalten keinen Hinweis auf derartigeHandlungen, ja in vielen Fällen, ist die Grundlage des Wortesnicht einmal eine Beleidigung und nur das Wort selbst. Indiesen Fällen ist selbstverständlich die Anwendung desWortes, selbst in Verbindung mit tatsächlichen Anführungennur dem Tatbestand des § 496 StG. zu unterstellen, weil nichtdie tatsächlichen Anführungen, sondern nur die Anwendung desbetreffenden Wortes ein Schimpfwort darstellt, dieBeleidigung bildet. Selbst mit Berufung auf den Unsinn, deneine Person geäussert oder gelehrt hat (Fall Diwald-Wlassak)ist also die Anwendung des Wortes „Esel“ eine Beschimpfung.

Die Zusammensetzung des Schimpfwortes mit einem an-deren Worte, das auf eine bestimmte Tätigkeit hindeutet, diean und für sich nichts Ehrenrühriges enthält, ändert anTatbestände nichts.

Das Wort „Vortragsaffe“ bedeutet nichts anderesals „Affe von einem Vortragenden“. Die Vortragstätigkeit ent-hält nichts Ehrenrühriges‚ auch das was der Beschuldigte alsbeabsichtigten Inhalt dieses Wortes angegeben hat, die Hastsich in Vorträge zu stürzen, das Sichrufenlassen, die Verbeu-gungen, alles das ist nicht der Vorwurf verächtlicher Handlungenoder Gesinnungen, die selbst, wenn sie tatsächlich aus dem WorteVortragsaffe“ herauszulesen gewesen wären, was aber doch nichtder Fall ist, selbst wenn der Beschuldigte diese Tatsachenausdrücklich angeführt hätte und daraus als Schlussfolgerungin das Wort „Vortragsaffe“ zusammengefasst hätte, nicht ge-eignet wären, es des Beschimpfungscharakters zu entkleiden.

Dazu kommt aber noch, dass der dem Worte gegebene Inhalteine nachträgliche, ungeschickte Konstruktion ist, da der

Beschuldigte selbst zugibt, niemals einen Vortrag des Privat-anklägers gehört zu haben, dass ihm über diese nur Mitteilungen gemacht referiert wurde, sodass von einer Kritik keine Rede sein kann.Auch der Anlass, der den Beschuldigten zur Verwendung des Wortesführte, beweist den Schimpfcharakter. Der Beschuldigte hatteirrtümlich angenommen, dass das Wort „Cowboy“ in dem Artikel der Fackel eine Anspielung auf ihn sei. Dafür revanchierteer sich durch das Wort „Vortragsaffe“. Gerade dieser Zusammen-hang und diese Art der Reaktion ist für die Beschimpfung typisch.

Dem Beschuldigten war es auch gar nicht um eine Kritikzu tun, sondern ausschliesslich um eine Beschimpfung als Reaktionauf die auf sich bezogene Bezeichnung als „Cowboy“. Denn selbstbei einem Journalisten von der Art des Beschuldigten ist esnicht glaublich‚ dass er eine seit 15 Jahren ausgeübte Vortrags-tätigkeit des Privatanklägers, der in dieser Zeit im In- u. Aus-lande nahezu an 400 Vorträge hielt, der in diesen die auserlesen-sten Werke der Weltliteratur, Goethes, Shakespeares, Nestroys,Raimunds, Gogols … u.s.w. vorlas, einen grösseren Teil des Rein-ertrages in den letzten drei Jahren mehr als 35.000.– S wohl-tätigen Zwecken zuführte‚ eine Vortragstätigkeit, von der daseigene Blatt des Beschuldigten in den überschwenglichsten Lo-besworten sprach, mit dem Worte „Vortragsaffe“ kritisierenwollte und kritisieren zu können glaubte. Es wäre ganz absonder-lich, das als Kritik aufzufassen und hiefür einen Wahrheitsbe-weis zuzulassen, dem eine ästhetische Beurteilung noch überhauptnicht zugänglich ist. wäre.

Dass auch die Verbindung des Wortes „Affe“ mit „Vortrag“,also die Bezugnahme auf die Tätigkeit des Privatanklägers andem Schimpfwortcharakter nichts ändert, ergibt sich aus derHeranziehung von Beispielen, bei denen wohl kein Gericht den

§ 491 StG. anwenden würde. Wenn jemand ein Dienstmädchen füreine Ungeschicklichkeit im Dienst als „Diensttrampel“, einenJournalisten, weil er seine Tätigkeit der Zeitung verkauft,die ihm die besten Brocken an Geld dafür hinwirft, als „Press-köter“ u.dgl. bezeichnen würde, so würde wohl klar, trotz demZusammenhange mit einer Berufstätigkeit jedes Gericht darinnur eine Beschimpfung erblicken, wofern eben nicht, wie schonerwähnt, die Tätigkeit selbst das Zeihen verächtlicher Handlun-gen und Gesinnungen enthielte. Ich verweise noch auf die Ent-scheidung 3436, in der eine Verurteilung nach § 496 StG. er-folgte für eine Notiz, in welcher der Satz enthalten war „Bisauf einige ganz wenige Lumpen, sind keine Streikbrecher zuverzeichnen.“ Sämtliche Gerichte denen dieser Akt vorgelegenist, haben keinen Zweifel gehabt, dass, wiewohl es sich um Streik-brecher handelte, die Anwendung des Wortes „Lumpen“ auf sieden Tatbestand des § 496 darstellt, denn die Anwendung einesWortes, welches nicht ausschliesslich die mit ihr ver-bundene Tatsache beinhaltet, muss selbst dann zu einer Bestra-fung nach § 496 führen, wenn diese Tatsachen wahr sind.

Ich stelle daher denBerufungsantrag das Urteil erster Instanz aufzuheben und entweder die Be-schuldigten wegen des Tatbestandes des § 496 ver-urteilen oder die Sache an das Gericht erster Instanz zurückzu verweisen.

für Karl Kraus,Dr. Oskar Samek.