70.8 Brief RA Botho Laserstein an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript mit handschriftlichen Annotationen
  • Typoskript mit handschriftlichen Überarbeitungen

Schreiberhände:

  • Botho Laserstein,

Sender

Dr. jur. Botho Laserstein | RECHTSANWALT
LANDSBERGER ALLEE 55
BERLIN NO 18
Datum: 5. Oktober 1928

Empfänger

An: Herrn | Advokat Dr. Samek
Reindorfgasse
Wien
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Kollege,

wie Sie vielleicht aus der Presse bereits ersehen haben,hat Alfred Kerr./. Herrn Kraus eine einstweiligeVerfügung erwirkt, deren Gebot Sie auch aus der letztenSeite der anliegenden Klageschrift ersehen entnehmen können. Gegendiese einstweilige Verfügung, die Kerr Herrn Kraus im Vor-tragssaal zugestellt hat (Herr Kraus hat leider die Zustel-lung angenommen), habe ich sofort Widerspruch erhoben. In-zwischen hat Kerr gegen Herrn Kraus die Hauptklage erhoben,die demnächst durch diplomatische Vermittlung in Wien zuge-stellt werden wird. Ich habe mir schon vorher einige Abschrif-ten dieser Klage von meiner Sekretärin auf dem Landgericht fertigen lassen. Eine davon erlaube ich mir Ihnen mit Geneh-migung des Herrn Kraus zu übersenden.

Es besteht nämlich die Möglichkeit, daß auf Grund inter-nationaler Statutenkollision das Oesterreichische Recht aufdiese Klage Anwendung zu finden hat. Meine Bitte vereinigtsich daher mit der des Herrn Kraus dahin, daß Sie die Liebens-würdigkeit haben wollen, mir ein eingehendes Gutachten über

diese Klageschrift vom Standpunkt des OesterreichischenRechts aus zu übersenden, insbesondere wäre mir auch wich-tig zu hören, wie Sie über die Zuständigkeit des BerlinerLandgerichts denken. Wäre ein derartiges Verbot, wie es dieeinstweilige Verfügung ausspricht und die Hauptklage ver-langt, nach Oesterreichischen Autor- und Zivilrecht über-haupt zulässig?

Die Angelegenheit eilt sehr, da bereits am 2. Novem-ber d. Js. Termin ansteht und ich die Sache schon vorhereingehend schriftsätzlich vorbereiten muß. In der einst-weiligen Verfügungssache ist es möglich, daß Termin bereitsin den nächsten 2 Wochen anstehen wird. Aus diesem Grundebitte ich mein Drängen zu entschuldigen.

Ich danke Ihnen, sehr verehrter Herr Kollege, schonjetzt für Ihre liebenswürdige Mühe und bin in

kollegialer HochachtungIhr ergebenerDr. Laserstein Rechtsanwalt.

PS. Meines Erachtens verletztdie Verfügung betr. Unterlassungdes Drucks österreichische Staats-hoheitsrechte, weil sie über dieGrenzen hinauswirkt.D.O.