78.20 [Beschlussschrift] des Obersten Gerichtshofes (G.Z. Os 1265, 1266/27)

Schreiberhände:

  • roter Stift
  • blauer Stift

Materialitätstyp:

  • Durchschlag mit handschriftlichen Annotationen
Datum: 11. November 1927
Stempel: Landesgericht für Strafsachen
Seite von 10

Abschrift

G.Z. Os 1265. 1266/2741 U 70/2721

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Der Oberste Gerichtshof hat heute – am11. November 1927 – unter dem Vorsitze des Senatspräsidenten Seka,in Gegenwart der Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kocevar,Dr. Lelewer, Dr. Mager und Dr. Gölles, als Richter, dann des RichtersDr. Kuch als Schriftführers, über die von der Generalprokuratur zurWahrung des Gesetzes erhobene Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Be-schluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien I vom 15. Februar1927, Vr XXVI 670/27–7 und das Urteil des Strafbezirksgerichtes I in Wien vom 2. Juni 1927, GZ U I 70/27–15, in der Strafsache gegenEmil Schifter wegen Vergehens nach § 305 StG.; beziehungsweiseÜbertretung nach § 30 PressG., nach durchgeführter öffentlicherVerhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Rates des Obersten Gerichtshofes Dr. Kocevar und nach Ausführungder Nichtigkeitsbeschwerde durch den Vertreter der Generalprokura-tur Generalanwalt Dr. Soos, zu Recht erkannt:

Der Beschluss des Landesgerichtes für StrafsachenWien I vom 15. Februar 1927, Vr XXVI.670/27–7, womit aus derStrafsache gegen Emil Schifter wegen Vergehens gegen die öffent-liche Ruhe und Ordnung nach § 305 STG. (betreffend den AufsatzPeriodischer Lehmann“ in der Folge 5 der Zeitung „Volkskampf“ vom 29. Jänner 1927) und wegen Vergehens gegen die Sicherheitder Ehre (betreffend denselben Aufsatz in der gleichen Folge der-Zeitung „Volkskampf“) das Verfahren wegen Vergehens gegen die

Sicherheit der Ehre gemäss § 57 StPO. ausgeschieden wurde, verletztdie Bestimmung des § 57 StPO.

Das Urteil des Strafbezirksgerichtes I inWien vom 2. Juni 1927, U I 70/27–15, womit Emil Schifter über dieAnklage des Privatanklägers Karl Kraus der Uebertretung nach§ 30 PressG. schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe im Betragevon 50 S, im Nichteinbringungsfalle zu 48 Stunden Arrest verur-teilt wurde, verletzt den aus den Bestimmungen des XX. Haupt-stückes der Strafprozessordnung über die Wiederaufnahme desStrafverfahrens zu entnehmenden Grundsatz „ne bis in idem“.

GRUENDE.

Am 29. Jänner 1927 stellte die StaatsanwaltschaftWien I beim Untersuchungsrichter des Landesgerichtes für Straf-sachen Wien I zu GZ Vr XXVI 670/27 den Antrag auf Vornahme vonVorerhebungen gegen Emil Schifter wegen Vergehens nach § 305 StG.,begangen durch den in der Folge 5 der Zeitung „Volkskampf“ vom29. Jänner 1927 auf Seite 6 erschienenen Aufsatzes „PeriodischerLehmann“. In diesem Aufsatze, der den Untertitel „ Die Pressemeutevon A – Z“ trägt, werden die Namen und Wohnungsanschriften mehrererTagesschriftsteller und Politiker angeführt, denen Bemerkungenaufreizenden Inhaltes hinzugefügt sind. Der Aufsatz schliesst mitden Worten: „Andere Zeiten – andere Mittel, Heraus mit einem Ku-Klux-Klan, heraus mit einem Femegericht über verbrecherische Land-und Rassefremde.“ Am 29. Jänner 1927 erstattete die PolizeidirektionWien und am 2. Februar 1927 der Rechtsanwalt Dr. Oswald Richter andie Staatsanwaltschaft Anzeigen nach §§ 302 und 305 StG. wegen desgleichen in der Zeitung „Volkskampf“ erschienenen Aufsatzes. DieStaatsanwaltschaft übersendete diese Anzeigen dem Untersuchungsrichter zu demgegen Schifter wegen Vergehens nach § 305 StG. bereits anhängigenVerfahren.

Am 7. Februar 1927 brachte der Schriftsteller Karl

Kraus beim Landesgerichte für Strafsachen Wien I einen Antrag aufEinleitung der Voruntersuchung gegen den verantwortlichen Schrift-leiter der Zeitung „Volkskampf“ Emil Schifter wegen Vergehens derEhrenbeleidigung nach § 491 StG. ein, weil in der Folge 5 der Zeitung„Volkskampf“ der Aufsatz unter dem Titel „Periodischer Lehmann“ er-schienen sei, in welchem beim Namen des Privatanklägers die Wortehinzugefügt seien „genannt der ‚Fackeljud,‘ gehört zu den pesti-lenzartigsten seiner Rasse.Karl Kraus stellte in der Anzeige weiters den Antrag, die fragliche Nummer des „Volkskampf“ derStaatsanwaltschaft zum Einschreiten wegen gefährlicher Drohungvorzulegen. Die Staatsanwaltschaft Wien I, welcher die Anzeige des Karl Kraus übermittelt wurde, übersendete diese Anzeige am8. Februar 1927 wieder dem Untersuchungsrichter zu dem bereitsgegen Schifter eingeleiteten Verfahren wegen Vergehens nach § 305StG.

Der Untersuchungsrichter des Landesgerichtes für Straf-sachen Wien I fasste von Amts wegen am 15. Februar 1927 den Be-schluss Vr XXVI 670/27–5, dass aus der Strafsache gegen EmilSchifter wegen Vergehens gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung nach§ 305 StG. (betreffend den Aufsatz „Periodischer Lehmann“ in derFolge 5 der Zeitung „Volkskampf“ vom 29. Jänner 1927) und wegenVergehens gegen die Sicherheit der Ehre, betreffend denselben Auf-satz in der gleichen Folge der Zeitung „Volkskampf“ das Verfahrenwegen Vergehens gegen die Sicherheit der Ehre gemäss § 57 StPO. aus-geschieden werde, weil dies zur Vermeidung von Verzögerungen undErschwerungen des Verfahrens dienlich erscheine. Der Beschluss er-wuchs in Rechtskraft.

Am 17. Februar 1927 wurde Emil Schifter in dem Straf-verfahren wegen Vergehens nach § 305 StG. und in dem Strafver-fahrens wegen Vergehens gegen die Sicherheit der Ehre als Be-schuldigter abgehört. Er gab bei diesen Vernehmungen übereinstim-mend an, dass er den Aufsatz „Periodischer Lehmann“ nicht ver-

fasst, ihn vor der Drucklegung nicht gelesen und auch nicht zurDrucklegung befördert habe, wohl aber als verantwortlicher Schrift-leiter die Verantwortung für das Erscheinen des Aufsatzes trage.Am 25. Februar 1927 verständigte der Untersuchungs-richter in dem Verfahren wegen Vergehens gegen die Sicherheitder Ehre den Vertreter des Privatanklägers Karl Kraus von demAbschluss der Voruntersuchung. Karl Kraus beantragte sohin am1. März 1927 die Abtretung der Akten an das BezirksgerichtJosefstadt zur Bestrafung Emil Schifters wegen Uebertretung nach§ 30 PressG. Nach durchgeführtem Strafverfahren wurde EmilSchifter mit dem Urteile des Straffbezirksgerichtes Wien I vom2. Juni 1927, Vr I 70/27–5, schuldig erkannt, er habe im Jänner1927 in Wien als verantwortlicher Schriftleiter der ebenda er-scheinenden Zeitung „Volkskampf“ bei der Aufnahme des AufsatzesPeriodischer Lehmann“ in der Nummer 5 der genannten Zeitung vom29. Jänner 1927, dessen Inhalt das Vergehen gegen die Sicherheitder Ehre nach § 491 StG. begründet, jene Aufmerksamkeit vernach-lässigt, bei deren pflichtgemässer Anwendung die Aufnahme desstrafbaren Inhaltes unterblieben wäre; er habe hiedurch die Ueber-tretung nach § 30 PressG. begangen und werde hiefür mit Bedacht-nahme auf die Urteile desselben Gerichtes U I 66/27 vom 5. Mai 1927und U I 147/27 vom 12. Mai 1927, mit welchen der Beschuldigte wegendes gleichen Deliktes mit einer Geldstrafe von je 30 S bestraftwurde, unter Anwendung des § 265 StPO. zu einer Geldstrafe von50 S, im Nichteinbringungsfalle zu 48 Stunden Arrest und zumKostenersatz verurteilt. Der Urteilssatz enthält weiters den Aus-spruch auf Veröffentlichung nach § 43 (1) PressG., auf Verfalls-erklärung nach § 41 (1) PressG. und auf Haftung des Eigentümersund Herausgebers Josef Müller für die Geldstrafe und die Kostendes Strafverfahrens nach§ 5 (2) PressG.. Die Gründe des Urteiles führen aus, dass in der Nr. 5 der Zeitung „Volkskampf“ vom 29.

Jänner 1927 unter der Ueberschrift „Periodischer Lehmann“ einAufsatz erschienen sei „Karl Kraus, genannt der Fackeljud, ge-hört zu den pestilenzartigsten seiner Rasse.“ Diese Stelle be-gründe als öffentliche Verspottung des Privatanklägers den Tat-bestand des Vergehens gegen die Sicherheit der Ehre nach § 491StPO.. Da der verantwortliche Schriftleiter Emil Schifter denvorerwähnten Aufsatz weder verfasst noch in Kenntnis des Inhal-tes ihn zum Drucke befördert habe, könne er nur in der Richtungdes § 30 PressG. zur Verantwortung gezogen werden. Das Urteil erwuchs in Rechtskraft.

In dem Strafverfahren wegen Vergehens nach § 305StG wurde seitens der Staatsanwaltschaft bisher kein Schlussan-trag gestellt.

Neben diesen beiden oben erwähnten Strafverfahrenwar gegen Emil Schifter wegen des Inhaltes des in der Nr. 5 derZeitung „Volkskampf“ erschienenen Aufsatzes noch ein drittesStrafverfahren anhängig. Am 3. Februar 1927 hatte nämlich derChefredakteur Friedrich Austerlitz beim Landesgericht für Straf-sachen Wien I zu GZ Vr XXVI 754/27 gegen den Eigentümer, Heraus-geber und Verleger des „Volkskampf“ Josef Müller und den verant-wortlichen Schriftleiter Emil Schifter einen Antrag auf Einleitungder Voruntersuchung wegen Vergehens nach § 488 StG., auf Vornahmeeiner Hausdurchsuchung nach § 139 StPO. und auf Beschlagnahme nach§§ 37, 38 PressG. eingebracht, weil in der Nr. 5 der Zeitung „Volkskampf“ vom 29. Jänner 1927 auf Seite 1 ein Aufsatz „Periodi-scher Lehmann, I. Teil: Die Pressbanditen in Wien“ angekündigt,der Artikel auf Seite 6 auch erschienen sei und dieser Aufsatz die Worte „Die Pressemeute von A – Z wichtig!“, sohin die Bemerkung:Friedrich Austerlitz, im Nebenberufe (laut ‚Stunde‘) Bedrängerkleiner Mädchen, Wien VI. Bezirk, linke Wienzeile 142“ enthalte.Diese Strafanzeige wurde vom Landesgerichte Wien gemäss § 56 StPO.

mit den gegen Josef Müller und Genossen wegen Vergehens gegendie Sicherheit der Ehre unter Vr XXVI 5497/26 anhängigen Straf-verfahren vereinigt. Mit dem Beschlusse vom 29. April 1927, VrXXVI 5497/26 wurde vom Landesgerichte Wien für Strafsachen I überAntrag des Privatanklägers Friedrich Austerlitz das Verfahrengegen Josef Müller und Emil Schifter wegen § 30 PressG. aus demgemeinsam geführten Strafverfahren ausgeschieden und dem Straf-bezirksgerichte Wien 1 abgetreten. Das Strafbezirksgericht WienI erkannte mit dem Urteile vom 12. Mai 1927, U I 147/27–16 denEmil Schifter schuldig, er habe im Jänner 1927 in Wien als ver-antwortlicher Schriftleiter der in Wien erscheinenden ZeitungVolkskampf“ bei der Aufnahme der Mitteilungen mit der Ueber-schrift „Periodischer Lehmann“ in der Folge 5 der genannten Zeitung vom 29. Jänner 1927, deren Inhalt das Vergehen gegen die Sicher-heit der Ehre nach § 488 StG begründet, jene Aufmerksamkeit ver-nachlässigt, bei deren pflichtgemässer Anwendung die Aufnahme desstrafbaren Inhaltes unterblieben wäre. Schifter wurde wegen derUebertretung nach § 30 PressG. im Hinblick auf das Urteil vom5. Mai 1927, U I 66/27, unter Anwendung des § 265 StPO. zu einerGeldstrafe im Betrage von 30 S, im Nichteinbringungsfalle zu24 Stunden Arrest und zum Kostenersatze verurteilt. Der Urteils-satz enthält gleichfalls die Aussprüche nach § 43 (1), § 41und § 5 (2) PressG.. In den Gründen des Urteiles wird ausgeführt,dass in den Aufsatz „Periodischer Lehmann“ eine Mitteilung er-schienen sei, in der der Privatankläger als „Bedränger kleinerMädchen“ bezeichnet werde. Diese Stelle begründe objektiv zummindesten den Tatbestand des Vergehens nach § 488 StG.. Da derBeschuldigte die erwähnte Mitteilung nicht selbst verfasst, nochin Kenntnis ihres Inhaltes zum Drucke befördert habe, liege nurder Tatbestand nach § 30 PressG. vor. Auch dieses Urteil ist in

Rechtskraft erwachsen. Der Ausscheidungsbeschluss des Landes-gerichtes für Strafsachen Wien I vom 15. Februar 1927, Vr XXVI670/27–7, verletzt die Bestimmung des § 57 StPO., das Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien I vom 2. Juni 1927, U I 70/27–15,den aus den Bestimmungen des XX. Hauptstückes der Strafprozess-ordnung über die Wiederaufnahme des Strafverfahrens zu entnehmen-den Grundsatz ne bis in idem.

Nach § 57 StPO. kann das gemäss § 56 für mehrere zu-sammentreffende Strafsachen zuständige Gericht verfügen, dasshinsichtlich einzelner strafbaren Handlungen … das Strafver-fahren abgesondert zu führen und zum Abschluss zu bringen sei,sofern dies zur Vermeidung von Verzögerungen oder Erschwerungendes Verfahrens oder zur Kürzung der Haft eines Beschuldigtendienlich erscheint. Da diese Gesetzesstelle von „mehreren zusam-mentreffenden Strafsachen“ und der abgesonderten Führung desVerfahrens hinsichtlich einzelner strafbarer Handlungen spricht,ist klar, dass eine solche Ausscheidungsverfügung nur eintretenkann, wenn es sich um das Zusammentreffen mehrerer abgesondertvon einander begangener Rechtsverletzungen handelt, die, weilsie noch nicht bestraft wurden, Gegenstand der nämlichen straf-gerichtlichen Untersuchung sind. (Realkonkurrenz). Wenn jedochder Täter durch ein und dieselbe Handlung mehrere Tatbestände desStrafgesetzes verkörpert hat und die Tat zur vollen strafrecht-lichen Erfassung nach allen in Betracht kommenden Strafgesetzenbeurteilt werden muss (Idealkonkurrenz) kann eine abgesonderteFührung des Strafverfahrens wegen einer der in Betracht kommendenrechtlichen Beurteilungen derselben Tat nicht verfügt werden. DieRichtigkeit dieser Auslegung der Bestimmung des § 57 ergibt sichdaraus, dass durch die Aburteilung der Tat nach einem Strafgesetzedas Verfolgungsrecht wegen dieser Tat verbraucht wäre und eine

neuerliche Strafverfolgung wegen derselben Tat nach einer anderennoch weiter in Betracht kommenden rechtlichen Beurteilung nichtmehr durchgeführt werden könnte.

Im vorliegenden Falle hat die Staatsanwaltschaft WienI den Antrag auf Vornahme von Vorerhebungen gegen Emil Schifter wegen des ganzen in der Nr. 5 der Zeitung „Volkskampf“ erschienenenAufsatzes „Periodischer Lehmann“ beantragt. Das Landesgericht konnte daher aus den wegen Vergehens nach § 305 durchgeführtenStrafverfahren „betreffend diesen Aufsatz“ nicht das Verfahrengegen die Sicherheit der Ehre „betreffend denselben Aufsatzausscheiden, da es sich um dieselbe Tat handelte und nur dierechtliche Beurteilung dieser Tat auch in der Achtung des Ver-gehens gegen die Sicherheit der Ehre in Frage kam. Daran ändertauch der Umstand nichts, dass das Vergehen nach § 305 StG. überöffentliche Anklage, das Vergehen gegen die Sicherheit der Ehreüber Privatanklage zu verfolgen ist.

Abgesehen von der Gesetzwidrigkeit des Ausscheidungs-beschlusses ist auch das Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien I vom 2. Juni 1927, U 70/27–15, mit dem im XX. Hauptstück der Straf-prozessordnung enthaltenen Vorschriften über die Wiederaufnahmenicht vereinbare[!]. Aus diesen Bestimmungen der Strafprozessordnungergibt sich, dass im Falle der rechtskräftigen Verurteilung einesTäters wegen einer strafbaren Handlung das Verfahren wegen der-selben strafbaren Handlung gegen den Täter nur unter den Bedingun-gen und den Förmlichkeiten der Wiederaufnahme des Strafverfahrensneuerdings geführt werden könnte. Gegen den aus diesen Bestimmungen,„der Strafprozessordnung zu entnehmenden Grundsatz ne bis in idemverstösst das oben erwähnte Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien I. Emil Schifter war mit dem Urteil des genannten Gerich-tes vom 12. Mai 1927, U I 147/27–16, über Anklage des Friedrich

Austerlitz der Uebertretung der Vernachlässigung der pflichtge-mässen Obsorge nach § 30 Pressg., begangen bei der Aufnahme desAufsatzes „Periodischer Lehmann“ in die Nr. 5 der Zeitung „Volkskampf“ verurteilt worden. Wenn auch im Urteilssatz und inden Entscheidungsgründen des Urteiles davon die Rede ist, dassin diesem Aufsatz der Tatbestand des Vergehens gegen die Sicher-heit der Ehre nach § 488 begangen wurde, ist der Urteilssatz dochso allgemein gefasst, dass den Angeklagten die Vernachlässigungder pflichtgemässen Obsorge bei der Aufnahme des ganzen Aufsatzes zur Last gelegt wurde. Durch diesen Schuldspruch war das Verfol-gungsrecht aller der zur Strafverfolgung wegen des in Fragestehenden Aufsatzes berechtigten Personen nach § 30 PressG. verbraucht. Es durfte daher das Strafbezirksgericht Wien I überdie Privatanklage des Karl Kraus gegen Schifter wegen der Ver-nachlässigung der pflichtgemässen Obsorge, begangen hinsichtlichdesselben Aufsatzes, nicht neuerdings mit dem Urteile vom2. Juni 1927, U 70/27, einen Schuldspruch fällen.

Oberster Gerichtshof, Abt. IV,Wien, am 11. November 1927.

Seka.

Für die Richtigkeit der Ausfertigungder Leiter der Gerichtskanzlei unleserliche Unterschrift.

KrausSchifter