103.5 Erklärung von RA Karl Stauder und RA Rudolf Stauder an das Amtsgericht München

Materialitätstyp:

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Datum: 30. Juni 1928
Seite von 2

Abschrift

Justizrat Dr. Karl Stauder und Dr. Rudolf Stauder RechtsanwälteNürnberg, Königstrasse 2

Nürnberg, den 30. Juni 1928.

ZumAmtsgerichtNürnbergAbteilung f. Strafsachen Priv. Verz. Ziff. 458/285.7.1928

Erklärung der Rechtsanwälte JR.Dr. K. Stauder u. Dr. R. Stauder in SachenKraus, vertr. durch RAe. Dr. Hirschberg, Löwenfeld u. Dr. Regensteiner in München gegenSchardt, vertr. dch. Unterfertigtewegen Beleidigung.

Gemäss § 21 des Pressegesetzes bleibt die Bestrafungfür den Redakteur ausgeschlossen, wenn er als den Verfasseroder den Einsender, mit dessen Einwilligung die Veröffent-lichung geschehen ist, eine Person bis zur Verkündung desersten Urteils nachweist, welche im Bereiche der richter-lichen Gewalt eines deutschen Bundesstaates sich befindet.Im Auftrage des Beschuldigten sowie der Direktion desFränkischen Kuriers benennen wir hiemit als den Verfasser und Einsender den Redakteur Dr. Ernst Hohenstatter München, Kaiserpl. 9/I, jetzt in Urlaub in Reichenhall und benennen als Zeugen darüber, dass dieser derVerfasser und Einsender ist:

a) Dr. Ernst Hohenstatter,b) den Telefonstenographen Pfälzner in Nürnberg.

Hiezu wird folgendes Weitere ausgeführt:

Die Zeitungsnummer des Fränk. Kuriers, in welcher derfragliche Artikel erschien, lässt bereits erkennen,

a) dass der Fränkische Kurier in München einen eigenenverantwortlichen Redakteur in der Person des HerrnDr. Hohenstatter hat,

b) dass der Artikel von diesem eingesandt und verfasst ist.Am Kopfe der fraglichen Ausführungen steht ausdrücklich:Spezialdepesche unserer Münchener Schriftleitung“. Darausgeht hervor, dass in München seitens des Fränkischen Kuriers eine selbständige Schriftleitung eingerichtet ist. Diese

Schriftleitung ist ausserdem auch am Kopfe des fraglichenBlattes mit der Bezeichnung des selbständigen Büros und derselbständigen Telefonnummer ausdrücklich betont und hervor-gehoben. Dr. Hohenstatter ist der Leiter dieser Redaktion.Diese Tatsache ist in ganz München bekannt. Sie deckt sichin jeder Weise mit einem selbständigen Ressort innerhalb desGanzen, wenn dies auch naturgemäss aus dem Impressum am Kopfezur Zuleitung nicht mit solcher Deutlichkeit hervorgeht.

Herr Dr. Hohenstatter trägt deshalb für seine Arbeitendie pressegesetzliche Verantwortung und es besteht für einenRedakteur, wie den Beschuldigten, keine Standespflicht, die Ver-antwortung für einen Artikel zu übernehmen, den Herr Dr. Hohen-statter, wie aus dem Artikel selbst erkenntlich ist, verfasstund eingesagt hat. Es ist auch zu entscheiden, ob Dr. Hohen-statter nicht die pressegesetzliche Verantwortung nach derfraglichen Zeitungsnummer selbst trägt. Was die Münchner Schrift-leitung an die Zentralstelle des Fränkischen Kuriers nach Nürn-berg herübergibt, wird naturgemäss, da der Münchner Schrift-leitung die Verantwortung zufällt, aufgenommen. Eine Aenderungkann man bei kritischen und ähnlichen Ausführungen in Nürnberg gar nicht vornehmen. Das wäre technisch nicht durchführbar. HerrDr. Hohenstatter ist derjenige, der für den Artikel die Unter-lagen besorgt und besitzt, die ihn zu seiner Urteilsbildungbrachten. Die Herübergabe von Dr. Hohenstatter nach Nürnberg wurde vom Telefonstenographen Pfälzner im Aufnahmebüro desFränkischen Kuriers aufgenommen. Der Angeschuldigte hat sogarbei einer Wendung des Dr. Hohenstatter eine Milderung in for-mellem Ausdruck vorgenommen, woraus hervorgeht, dass ihm jedepersönliche Absicht der Beleidigung ferne lag. Es wird sichdarum handeln, ob unter solchen Umständen die Klagepartei nicht vorzieht, die Klage gegen Schardt zurückzuziehen undob nicht deshalb der Termin vom 5.7.28 abgesetzt werden soll.

gez. Dr. Stauder JustizratFür die Abschriftgez. Dr. Stauder Justizrat

Für die Abschrift[Unterschrift]Rechtsanwalt.