125.90 Schriftsatz [Erwiderung] in Sachen Fackel Verlag ./. Städtische Bühnen A.G. Frankfurt a./M. (RA Willy Katz an das Bühnen-Schieds-Gericht Berlin)

Materialitätstyp:

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Datum: 29. Februar 1932
Seite von 4

Abschrift.

Berlin, den 29. Februar 1932

In SachenDie Fackel“ ./. Städt. Bühnen – Sch. 23/32 –

An dasBühnenschiedsgericht Berlin z.Hd. von Herrn Landgerichts-direktor Dr. Weigert Berlin-GrunewaldWangenheimstrasse 12

erwidere ich auf den Schriftsatz derBeklagten vom 27. Februar 1932 wie folgt:

Die Vertragsstrafe von 2000.– Reichsmarkist auf jeden Fall verwirkt. Durch Schreibenvom 3.3.1931 hatte der Vertreter der Klä-gerin der Beklagten die Bedingung gestellt,den definitiven Aufführungstermin mindestenszwei Monate vorher mitzuteilen und hinzuge-fügt, dass diese Verpflichtung unter dieSanktion der Konventionalstrafe gestelltwerde. Die Beklagte hat am 12.3.1931 erwidertdie Verpflichtung der Ankündigung des Auf-führungstermins in einer mindestens zweiMonate zurückliegenden Frist angenommen und mitkeinem Worte erklärt, dass sie die Unter-stellung dieser Pflicht unter die Konventio-nalstrafe von 2000,– RM ablehne. Eine aus-drückliche Zustimmung war im übrigen nichterforderlich. Bereits am 28. Juni 1930 hattesich die Beklagte mit einer Erhöhung derVertragsstrafe auf 2000,– RM einverstanden

erklärt und im gleichen Schreiben es als Vertragspflicht übernommen,den Termin der Aufführung mindestens 4 Wochen vorher anzukündigen.Da nach § 6 des Aufführungsvertrages vom 23.5.1929 jede Verletzungdes Aufführungsvertrages die Verwirkung der Konventionalstrafenach sich zieht und da durch die erwähnten Schreiben vom 28.5.1930,3. und 12.3.1931 die zwei Monate vorher erfolgte Ankündigungzur Vertragspflicht erhoben war, ist die Nichterfüllung dieser Ver-pflichtung automatisch Anlass des Fälligwerdens der Konventional-strafe gewesen. Die Aufführung der Städtischen Bühnen hat am10. Februar 1932 stattgefunden. Die Ankündigung des Aufführungs-termins erfolgte durch die Beklagte am 25.1.1932, also nicht einmal4 Wochen vor der Aufführung. An dem Umstand, dass die Vertrags-strafe verwirkt ist, kann demnach nicht der geringste Zeifelbestehen, ganz abgesehen davon, dass die Beklagte nicht berech-tigt war, wie schon in der Klage ausgeführt ist, „die Unüberwind-lichen“ in einem späteren Termin als den 31.12.1931 zur Auf-führung zu bringen.

Was die Beklagte zur Begründung ihres Einwands sagt, nach-dem sie ihrer Aufführungspflicht dennoch genügt hätte, ist zumgrössten Teil unverständlich. Sie führt aus, sie hätte ihrer Ver-pflichtung, das Stück mit Kräften des eigenen Ensemble herauszubrin-gen, darum nicht zu entsprechen brauchen, weil der Autor auf derbuchstabengetreuen Wiedergabe des Textes bestehe und ferner, weildie Reichsdeutschen Bühnen nicht bestimmt seien, Wiener Skandal-affären des Jahres 1927 wortgetreu dem Publikum vorzusetzen. Dielogische Nutzanwendung dieses Vorbringens leuchtet nicht recht ein.Die Beklagte hat ja gar nicht einmal versucht, sich über die text-liche Gestaltung der Aufführung, über etwa vorzunehmende Stricheectr. mit der Klägerin ins Benehmen zu setzen, noch hat sie gardie Art der Besetzung bezw. die Verwendung ihres oder des LeipzigerEnsembles davon abhängig zu machen versucht, dass der Autor irgend-welchen Wünschen in textlicher Hinsicht entgegenkomme. Sie verweist

auf andere Aufführungen des Stückes, beispielsweise inDresden. Offenbar ist es bei der Beklagten in Vergessenheitgeraten, dass sie vor Vertragsabschluss die Dresdner Aufführunggekannt hat, dass sie bei jeder Gelegenheit, dem Autor gegenüber,ihrer Bewunderung und Schätzung des Werkes Ausdruck gegeben hat,und dass sie z.B. noch in ihrem Schreiben vom 28.6.1930 wörtlichsagt: „Ich habe nach der Uraufführung der ,Unüberwind-lichen‘, die ich in Dresden sah, in Begeisterung für dasWerk das Stück sofort erworben.“ Sie hat nie ihren Willen zumAusdruck gebracht, die Erfüllung des Aufführungsvertrages von textlichenZugeständnissen abhängig zu machen noch erkennen lassen, dass sie dasStück für bühnenwirksam nur in einer, wie sie jetzt sagt, „freienInszenierung“ halte. Sie hat auch ihre Anregung vom 15.12.1931, das Stück durch das Leipziger Komödienhaus aufführen zulassen, nicht im geringsten damit zu stützen versucht, dass einerAufführung, durch das Frankfurter Ensemble die Ansprüche des Autors bezgl. textlicher Genauigkeit entgegenstünden. Sie hat in jenemSchreiben aber auch zugegeben, dass sie eine Aufführung durchdas Leipziger Ensemble nur mit Zustimmung des Autors vornehmenwolle, war sich daher bewusst, dass eine eigenmächtige Darstellungdes Stückes durch fremde Kräfte vertragswidrig sei. Pressestimmenund ein mehr oder minder grosser Kassenerfolg – beides alsoUmstände die erst nach der Aufführung eingetreten sind – müssen fürdie Frage, ob die Beklagte ihren Vertrag erfüllt hat oder nicht,vollkommen ausschalten.

Es sei noch darauf hingewiesen, dass das Argument der Be-klagten, sie sei durch die veränderten wirtschaftlichen und poli-tischen Verhältnisse überhaupt nicht mehr zu einer Aufführungverpflichtet gewesen, schon darum nicht durchgreifen kann, weilan den jahrelangen Verschleppungen des Aufführungstermins einzigund allein sie die Schuld trägt. Die Richtigkeit der klägerischenBehauptung ergibt sich aus der Korrespondenz. Von einem Fall

zum anderen hat die Klägerin der Beklagten auf deren Bitten Kon-zessionen bezgl. des Aufführungstermins gemacht, sogar hinsicht-lich der Verlegung des Termins vom 19.4.1931. Denn diesen vonihr beabsichtigten Termin hat die Beklagte dem Autor so spätmitgeteilt, dass er infolge anderer Dispositionen nicht mehr inder Lage gewesen wäre, an der Premiere teilzunehmen. Nach alledemsind sämtliche Einwendungen der Beklagten gegen die mit dem Klage-antrag gestellten Ansprüche unbegründet.

Begl. Abschrift ist der Beklagten direkt zugestellt worden.

gez. Dr. Katz Rechtsanwalt

Krausstädt. Bühnen 2. MRZ. 1932