173.22 Brief Verlag Die Fackel an Deutsches Theater Prag

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Materialitätstyp:

  • Kopie

Schreiberhände:

  • Frieda Wacha, schwarze Tinte

Sender

Verlag Die Fackel (Wien)
Hintere Zollamtsstraße
III., Landstraße
Datum: 11. März 1932

Empfänger

An: die Direktion des | Deutschen Theaters
Prag
Seite von 2

Sehr geehrte Herren!

Sie haben uns trotz unserer Mitteilung vom 23. Februar den Empfang unseres Eilbriefes vom 16., mit dem Herr Karl Kraus un-mittelbar nach seiner Ankunft aus Prag befaßt war, bis heute nichtangezeigt, wenn nicht etwa der am 25. Februar ausgesprochene Dankfür seine künstlerischen Bemühungen“ auch auf diese Arbeit zu be-ziehen wäre. Leider scheint sie wie auch manche Anstrengung der Pro-benarbeit insofern vergeblich gewesen zu sein, als – nach dem Be-richt zuverlässiger Prager Gewährsmänner, die das Gute durchaus anerkannten – etliche Wünsche (und die ihnen entsprechenden Zusagen)nicht erfüllt zu sein scheinen, ja einiges dazugekommen sein dürftewas dem Stil des Werkes wie den angegebenen Richtlinien diametralentgegensteht. Die Ungeheuerlichkeit des nach dem A B C-Sextettsvorgewiesenen Requisits, gegen die wir (als gegen einen Eingriff inden Textbestand) bei der Universal-Edition protestiert haben, ist janun inzwischen wieder beseitigt worden. Dagegen erfahren wir, daßder Darsteller des Giletti, den der Textautor damals nicht ge-sehen hat und dem er natürlich die neuwienerischen Operettenallürenabgewöhnt hätte, sich auch Änderungen des Textes erlaubt. Solltedies wirklich der Fall sein, so werden wir selbstverständlich nichtzögern, von unserem vertraglich festgelegten und in solchem Fallkaum anfechtbaren Autorrecht dem Verlag und Vertrieb gegenüber Ge-brauch zu machen. Es wäre doch wohl eine etwas groteske Vorstellung,daß sich Herr Karl Kraus seine Sätze von einem Tenorbuffo redigie-ren ließe. Daß er, jenseits allen autorrechtlichen Anspruchs, gegenStilwidrigkeiten im Gebiet der eigenen Offenbach-Bearbeitungen sichmit moralischem Recht verwahren dürfte und müßte, versteht sich beiseinem bekannten Auftreten gegen die heute üblichen Prozeduren mitOffenbach von selbst, und wir haben Sie seinerzeit ausdrücklich da-von in Kenntnis gesetzt. Wir stehen nicht an zu erklären, daß wirdie grundsätzliche Schändung eines Werkes, wie sie heute für Ge-schäftszwecke und einem verlumpten Geschmack zuliebe betätigt wird,für erträglicher halten als die Kompromittierung einer sonst sti-

bemühten Wiedergabe durch irgendwelche angeblich zeitbedingte Min-derwertigkeit. Umsomehr, als sich doch jene offenkundig ohne unsereEinflußnahme vollzieht, während hier der Name des Textautors undvollends seine persönliche Probenassistenz, von der das Theater pu-blizistischen Gebrauch gemacht hat, ihm die Verantwortung für dasGanze aufbürdet. Selbstverständlich muß er sie dort ablehnen, wo dasTheater seiner Forderung entgegen gehandelt hat.

Was das Autorrecht im eigentlichen Sinn anlangt, so möch-ten wir Sie noch darauf aufmerksam machen, daß es sich auch auf denNachdruck von literarischen Arbeiten in Ihrer Programmschrift be-zieht. Wir haben Ihnen diesen Nachdruck kostenlos überlassen, unterder Bedingung, daß der Probeneindruck keinen krassen Widerspruch zuden dort ausgesprochenen Gedanken über die Offenbach-Renaissancesichtbar werden ließe. Das war der Fall, wiewohl wir Ihnen heute sa-gen müssen, daß die bloße Ahnung jenes in der Erstaufführung ange-brachten Einfalls die Nachdruckserlaubnis verwehrt hätte. Wir wissennun freilich noch immer nicht, ob Sie von ihr tatsächlich Gebrauchgemacht haben. Wenn es nicht der Fall ist, hätten Sie uns es wohlmitteilen, wenn es der Fall ist, uns ein Belegexemplar des Nach-drucks zusenden müssen. Schließlich wäre ja vielleicht eine Übersen-dung des Programms an den Textautor, der sich doch „künstlerisch be-müht“ hatte, selbst dann am Platze gewesen, wenn es nichts enthielteals den Theaterzettel. Sollten Sie ein Programm mit dem seinerzeiterbetenen Nachdruck ausgegeben haben, so ersuchen wir Sie, die Zu-sendung eines Exemplars, wie es bei der Erstaufführung ausgegebenwurde, nachzuholen.

In diesem autorrechtlichen Zusammenhange möchten wir Sieschließlich bitten, unrichtige Ankündigungen der „Madame l’Archi-duc“ künftig unterlassen zu wollen, von der Art jener, die das Werk als „die beste Nachkriegsoperette“ in eine ebenso üble wie unfundier-te Verbindung zu bringen verbucht hat und der wir mit einer Berich-tigung entgegentreten müßten. Wir zweifeln nicht, daß Sie, in demSinne mancher vom Textautor anerkannten Bemühung, auch diesem Wunsch,Stilwidrigkeiten zu vermeiden, entsprechen werden.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Rek.