173.27 Brief Samek an Universal-Edition

Materialitätstyp:

  • Durchschlag mit handschriftlichen Überarbeitungen

Materialitätstyp:

  • Kopie

Schreiberhände:

  • Oskar Samek, Bleistift

Sender

Oskar Samek
Schottenring
I., Innere Stadt
Datum: 17. März 1932
Betreff: Kraus – Universal Edition A.G.

Empfänger

An: die | Universal-Edition A.G.
Karlsplatz Nr. 6
Wien I.
Seite von 2

Sehr geehrte Herren!

Auf Ihr Schreiben vom 14. März habe ichIhnen das Folgende zu antworten:

Sie haben die schon in den ursprünglichenVertrag aufgenommene Verpflichtung, den Bühnen mitzuteilen,dass Aenderungen im Text oder in der Musik nicht ohne Zustimmungdes Herrn Karl Kraus vorgenommen werden dürfen, niemals erfüllt.Sie haben dies auch nicht getan, nachdem Sie ausdrücklich zuge-sagt hatten, dies auf unseren ausdrücklichen Wunsch auf Grundder Berliner Erfahrungen für alle künftigen Bühnenverträge vor-zunehmen.

Abgesehen von der Unmöglichkeit diesespersönlichen Verh ä a lt nisses ens , ist durch diese Unterlassung dieVerletzung des Vertrages evident geworden.

Ich fordere Sie auf binnen 14 Tagen allenotwendigen Schritte zu unternehmen, um sowohl die Essener- wiedie Prager-Bühnen zu zwingen, die vertrags- und urheberrechtswidrigvorgenommenen Aenderungen rückgängig zu machen und dem Werk wiederdie Gestalt zu geben, die ihm der Textautor bestimmt hat.

Was Essen betrifft, so ist schon der Wider-

spruch zwischen der Ausrede des Telegramms und dem im offiziel-len Programm mit förmlichen Stolz mitgeteilten Sachverhalt offen-bar. Das in meinem Brief vom 11. berührte Problem, ob Ihr HerrDr. Heinsheimer am 5. März, nämlich im Zeitpunkt unseres Gespräches,von dem Essener Geständnis bereits gewusst hatte (was wir nochimmer bezweifeln), bedarf einer direkten Stellungnahme, damitIhr freundliches Anbot, ob Herr Kraus wünsche, dass Sie ihmpersönlich über die Berliner Verhandlungen berichten, beant-wortet werden kann.

Was Ihren Wunsch betrifft, eine Bestätigungzu erhalten, dass Herr Karl Kraus mit der Lösung des Vertragesmit der Städtischen Oper in Berlin einverstanden ist, so wirddieses Einverständnis selbstverständlich gerne erteilt, da jadie Lösung auf seinen ausdrücklichen Wunsch erfolgt ist, undauf sämtliche Bühnen Deutschlands und Oesterreichs ausgedehnt.Er erklärt in aller Form, dass er es satt hat, sich vonDilettanten in seinem geistigen Recht verkürzen zu lassen, injedem einzelnen Fall, in dem es geschieht, seine Zeit und Arbeitan die Bereinigung vergeuden zu müssen und auch noch die persönlicheManierlosigkeit einer von dem ihm nach Gebühr eingeschätzten Theater-bürokratie hinzunehmen. Es ist sein sehnlichster Wunsch, ein Verhältniszu lösen, das ihm nicht nur nicht gegen die Beeinträchtigung dergegenständlichen künstlerischen Arbeit schützt, sondern auchdurch die Notwendigkeit der jedesmaligen Remedur in seiner sonsti-gen Arbeit beeinträchtigt.

Dr. Samek