173.42 Brief Hans Heinsheimer an Kraus

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Materialitätstyp:

  • Kopie

Sender

Dr. Hans Heinsheimer
Wien
Datum: 30. März 1932

Empfänger

An: Karl Kraus
Lothringerstraße
I., Innere Stadt
Seite von 1

Sehr verehrter Herr Kraus!

Ich muss Ihnen, unabhängig von der geschäftlichenKorrespondenz, folgendes sagen: Ich bin aufs allertiefste betroffenund gedemütigt durch Ihr letztes Schreiben. Ich habe, das gebeich offen zu, nicht immer mit jener Gewissenhaftigkeit alleserledigt, wie Sie gerade bei Ihrem Werk geboten gewesen wäre.Ich bitte Sie in der aufrichtigsten und herzlichsten Weise dieseVorkommnisse zu entschuldigen, vor allen auch den Umstand zuentschuldigen, dass ich es zuliess, dass Sie glauben konnten,jene Klausel sei in unseren Verträgen enthalten. Wenn ichGelegenheit hätte Sie nochmals persönlich zu sprechen, so würdeich Ihnen allerdings aufklären, dass es sich hier nicht um denVersuch einer Täuschung gehandelt hat.

Unabhängig aber davon: Können Sie wirklich undernsthaft annehmen, dass ich, nachdem ich 1½ Jahre in IhrerNähe war den ernsthaften Versuch unternehmen könnte, Ihnen Briefemit dem Ziel der Dummmacherei zu schreiben? Dass ich tatsächliches unternehmen könnte, unter Aufrechterhaltung einer Ihnen uner-wünschten Vertragstreue den Vertrieb Ihres künstlerisches Gutesunter dessen Preisgabe zu betätigen?

Ich bitte Sie, sehr verehrter Herr Kraus, aus demBewusstsein und aus der Erkenntnis heraus, dass Sie in den 1½ Jahren,in denen ich in Ihrem Kreis verkehren durfte, mich durch viele Beweisepersönlicher Sympathie ausgezeichnet haben, mir nochmals die Möglich-keit einer Aussprache mit Ihnen zu geben. Sie soll nicht so sehrdie Fragen zwischen Ihnen und der Universal-Edition klären (obwohlauch diese Fragen vielleicht in einer Aussprache bereinigt werdenkönnten), als mir persönlich die Möglichkeit geben, einen unbegründe-ten Verdacht bei Ihnen zu beseitigen und mich in Ihren Augen nichtals einen kleinen schäbigen Vertriebsschieber, sondern wieder alsdenjenigen erscheinen zu lassen, der froh und stolz darauf ist,sich für Ihr Werk einsetzen zu dürfen.

Mit ergebenster Begrüssung[Unterschrift]