173.48 Brief RA Gustav Scheu an Samek

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Sender

Rechtsanwalt | Dr. Gustav Scheu
Opernring Nr. 3
Wien I.
Datum: 9. Mai 1932
Betreff: Universal-Edition – Kraus
Diktiersigle: P/P

Empfänger

An: Herrn Rechtsanwalt | Dr. Oskar Samek
Schottenring Nr. 14
Wien I.
Seite von 2

Abschrift.

Sehr geehrter Herr Kollege!

Mit Beziehung auf Ihr Schreiben vom 30. April und mein Antwortschreiben vom 3. Mai bin ich nunmehr in derLage, Ihnen Folgendes wegen Auflösung des Vertrages unprä-judizierlich vorzuschlagen.

1.) Die Verträge „Archiduc“ und „Vert-Vertwerden storniert.

2.) Hinsichtlich „Perichole“ wird ebenfallsvon der Universal-Edition und Herrn Karl Kraus die Stornierungangestrebt, doch ist es hier notwendig, erst die juristischenVoraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Stornierung ohneVerletzung Rechte Dritter erfolgen könne.

Solange die Stornierung bezüglich „Pericholenicht erfolgt ist, wird die Universal Edition in alle even-tuell neu zu schliessenden Bühnenvertriebsverträge die Klauselaufnehmen, dass keinerlei Aenderungen ohne Zustimmung des HerrnKarl Kraus vorgenommen werden dürfen.

Die Universal Edition glaubt, dass in etwadrei Monaten, also bis etwa Ende August, die juristischen Vor-aussetzungen für eine Stornierung auch dieses Vertrages vonihr geschaffen werden können. Bis dahin soll die Frage derStornierung in suspenso belassen werden.

3.) Herr Karl Kraus und Herr Franz Mittler er-

klären, dass sie nach Durchführung der Stornierung aller dreiVerträge keine wie immer gearteten Ansprüche an die UniversalEdition zu stellen haben. Ebenso erklärt die Universal Edition,dass sie nach Durchführung der Stornierung der drei Verträgekeine wie immer gearteten Ansprüche an die Herren Karl Kraus und Franz Mittler zu stellen habe.

Im Vorstehenden sind die Grundzüge des Ueber-einkommens des zu schliessenden Vergleiches enthalten. Ich wie-derhole, dass von einer vorsätzlichen oder auch nur fahrlässi-gen Nichteinhaltung des Vertrages auf Seiten meiner Klientin keine Rede sein kann. Die Einfügung der von Herrn Karl Kraus gewünschten Klausel in die Verträge mit den Bühnen ist mit Rück-sicht auf die Kartellverträge, wodurch den Bühnen Veränderungenan den ihnen zur Aufführung überlassenen Werken untersagt sind,überflüssig, würde aber nach meiner Ueberzeugung die meistenBühnen davon abhalten, überhaupt Aufführungsverträge abzuschlies-sen.

Ich bedauere, dass im gegenwärtigen Momentedie Sache noch nicht definitiv zur Lösung gebracht werden kann,glaube aber, dass die oben dargestellten Grundzüge geeignet sind,diese Lösung in absehbarer Zeit, vielleicht noch früher als diesoben angenommen wurde, herbeizuführen.

Die Vergleichspunkte können natürlich nuralle einheitlich angenommen oder abgelehnt werden.

Ihrer Rückäusserung entgegensehend zeichnetmit kollegialer HochachtungDr. Scheu m.p.