176.14 Brief Samek an RA Otto Elias

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Schottenring
I., Innere Stadt
Datum: 27. Mai 1932
Betreff: Kraus – Essener städtische | Bühnen
Diktiersigle: Dr.S/Fa.

Empfänger

An: Herrn | Dr. Otto Elias, | Rechtsanwalt
Hansastrasse Nr. 50
Dortmund
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Kollege!

Herr Karl Kraus, dessen Wiener Vertreterich bin, lässt sie durch mich ersuchen, in der folgenden An-gelegenheit ihn zu vertreten. Die Essener städtische Bühnen,dessen Generalmusikdirektor Herr Rudolf Schulz-Dornburg ist,hat die Operette OffesbachsMadame l’Archiduc‘ in der Ueber-setzung und Bearbeitung des Herrn Karl Kraus aufgeführt. WieHerr Kraus aus der Nr. 12 der Zeitschrift „Der Scheinwerfer“vom März 1932 (Beilage 1) entnehmen konnte, hat sich dieEssener städtische Bühne eigenmächtige Veränderungen erlaubt.Die Art der Veränderungen können Sie aus den angestrichenenStellen der Seiten 5, 6 und 7 entnehmen. Als Herr Kraus am10. März 1932 durch diese Zeitschrift zur Kenntnis des Ein-griffes kam, habe ich in seinem Namen telegraphisch dagegenProtest erhoben und volle Wiederherstellung begehrt. (Beilage 2).Mit Telegramm vom 14. März 1932 an die Universal-Edition inWien, der der Vertrieb der Werke anvertraut war, gab HerrSchulz-Dornburg die Aenderungen schon zu, wenn auch mit gewis-sen Einschränkungen. Den weiteren Sachverhalt entnehmen Sie derKorrespondenz und zwar aus dem Schreiben der Essener städtischen

Bühnen vom 15. März 1932 an Herrn Karl Kraus (Beilage 3), derenSchreiben vom 31. März 1932 (Beilage 4) an die Universal-Editionin Wien und dem Schreiben des Verlages ‚Die Fackel‘ vom 6. April1932 (Beilage 5).

Anstatt nun gemäss dem Urheberrechtsgesetzden Schaden gutzumachen, wurde das Stück einfach ohne Begründungabgesetzt. (Beilage 6).

Herr Kraus lässt Sie nun bitten, gemäss den§§ 9 und 38 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werkender Literatur und Tonkunst strafrechtlich gegen die verantwortli-che Persönlichkeit, in diesem Falle wohl Herr Rudolf Schulz-Dorn-burg selbst vorzugehen.

Dass Herr Kraus sich erst so spät an Sie ge-wendet hat, hat seine Ursache darin, dass er längere Zeit ver-reist war und überdies geglaubt hat, es werde der Eingriff nachden brieflichen Vorhalten gutgemacht werden. Da, wie ich glaube,die Frist zur Erstattung der Anzeige oder Erhebung der Privatan-klage nach drei Monaten abläuft, möchte ich Sie bitten, ehestensdas Notwendige vorzukehren.

Die Korrespondenz selbst vorzulegen, halte ichwegen des Briefes vom 6. April 1932, den der Verlag ‚Die Fackel‘ an die Essener städtischen Bühnen gerichtet hat, nicht für vorteil-haft, weil dort die Art der Vereinbarung der Essener städtischenBühnen mit einem deutschen Schlachtbericht verglichen wird, wasvielleicht bei den Richtern Stimmung zu Gunsten der Essenerstädtischen Bühnen erzeuge könnte.

Ich zeichne mit vorzüglicher kollegialerHochachtung

7 Beilagen.Rekommandiert Erpressmit Rückschein.

Betr. KrausEssener städtischen Bühnen exp. 27.5.1932.