176.16 Brief RA Otto Elias an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

Dr.jur. Elias
Hansastraße 50
Dortmund
Datum: den 30.5.1932
Betreff: Kraus gegen Essener Bühnen
Diktiersigle: L.

Empfänger

An: Herrn | Rechtsanwalt | Dr. Oskar Samek
Schottenring 14
Wien I
Seite von 3

Sehr geehrter Herr Kollege!

Mit verbindlichstem Dank bestätige ich Ihnen den EmpfangIhrer Zuschrift vom 27. Mai in Sachen des Herrn Karl Kraus gegenSchulz Dornburg. Ich werde dieser Sache mit ganz besonderem Eifermich annehmen, nachdem ich es als besondere Auszeichnung empfinde,die Interessen – die ganz „feinen“ Leute bei uns sprechen da aller-dings nur noch von „Belangen“ – des Herrn Karl Kraus im hiesigenIndustriebezirk vertreten zu dürfen. Ich gehe also gleich an dieAusarbeitung der Strafanzeige – von der Sie Abdruck erhalten sollen –und reiche sie dann sofort ab. Dazu bedarf es aber noch einer Vollmachtdes Herrn Karl Kraus, die – in zwei verschiedenen Exemplaren –ich hier mit der Bitte beifüge, beide undatiert aber unterschriebenmöglichst umgehend mir wieder zugehen zu lassen.

Da, ohne Kenntnis des Abkommens, ich nicht wissen kann,ob Herr Schulz Dornburg der strafrechtlich Verantwortliche – odernur einer der hier strafrechtlich Verantwortlichen – ist, werde ichvorsorglich den Strafantrag allgemein stellen.

Aber ich meine, dass diese Sache noch anders aufgezogenwerden sollte, als nur durch diese Strafanzeige, von der die EssenerStaatsanwaltschaft, aus mehreren Gründen, nicht gerade besonders

entzückt sein dürfte, und deren Schicksal noch ebenso im Dunkel liegt,wie der Zeitpunkt, zu dem die sogenannte öffentliche Klage erhobenwird.

Ich gebe darnach zur Erwägung anheim, ob nicht auch eineeinstweilige Verfügung gemäss § 935 C.P.-O. beim Landgericht Essen von uns beantragt werden soll. Die Vorschrift lautet:Einstweilige Verfügungen in Beziehung auf den Streitgegenstandsind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderungdes bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einerPartei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

Unser Rechtsgesetz betreffend Urheberrecht enthält, in§ 22 c Absatz 2, zwar eine besondere Bestimmung über derartige Ver-fügungen; diese Sonderbestimmung kommt hier aber nicht in Betracht!

Mit collegialer Hochachtung! Elias Rechtsanwalt.

Kraus Essener städt. Bühnen 1. JUNI 1932