192.23 Urteil (Übersetzung) des Handelsbezirksgerichts Prag (G.Z. C III 433/35-20, Richter: Ferdinand Langecker, Verteidiger: Otakar Krousky)

Schreiberhände:

  • Oskar Samek, schwarze Tinte

Materialitätstyp:

  • Durchschlag mit handschriftlichen Annotationen
Datum: 13. März 1936
Seite von 20

Uebersetzung

C III 433/35–20

Urteil.

Im Namen der Republik!

Das Handelsbezirksgericht in Prag, Abtei-lung III hat durch den Bezirksrichter Dr. Ferdinand Langecker in der Rechtssache der klagenden Partei, der Firma „Die Fackel“ Herausgeber Karl Kraus, Wien – III, Hintere Zollamtstrasse 3,vertreten durch Dr. Johann Turnovsky, Advokaten in Prag, gegendie beklagte Partei, die Firma „Melantrich“ Aktiengesellschaftfür graphische Industrie und Verlag, in Prag – II, Václavské nám. 42,vertreten durch Dr. Otakar Krousky, Advokaten in Prag, wegen3.441.68 Kč s.Nbg. wie folgt zu Recht erkannt:

I. Die zur Aufrechnung eingewendete bis zurHöhe des Klagsanspruches eingewendete Forderung der beklagtenPartei von 10.717.– Kč eignet sich nicht zur Kompensation.

II. Die beklagte Partei ist verpflichtet, derklagenden Partei 3.441.68 Kč samt 6% Zinsen von 1245.18 Kčab 1. Januar 1935 und von 2.187.50 Kč ab 7. August 1934, sowiedie mit dem Betrage von 4.407.80 Kč bestimmten Prozesskostenbinnen 14 Tagen unter Exekutionsfolgen zu bezahlen.

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei hat den Klagsanspruchfolgendermassen begründet:

Im Verlage der klagenden Partei in Wien werden ausschliesslich Werke des Eigentümers dieses Verlages,Karl Kraus, sowie die von diesem herausgegebene ZeitschriftDie Fackel“ herausgegeben.

Zu Ende des Jahres 1933 befand sich dergrösste Teil der Vorräte dieses Verlages teils bei diesem Ver-

lage in Wien und teils bei einem Kommissionär in Leipzig.

Zwischen den Streitparteien wurde im Jahre1934 über Anregung des Jan Münzer, Redakteurs der zum Kon-zern der beklagten Partei gehörenden Zeitung „České Slovound nach vielfacher Korrespondenz ein Kommissionsvertrag ab-geschlossen, nach welchem die beklagte Partei die im Verlage der Klagspartei erschienenen Bücher zum kommissionsweisenVerkaufe unter folgenden Bedingungen übernommen hat:Die beklagte Partei hat:

1./ den ausschliesslichen Verkauf der im Verlage der Klagspartei erschienenen Bücher für alle Länder ausserOesterreich,2./ einen 50%igen Rabatt vom Buchhändlerpreis die-ser Bücher.

3./ vorläufig die Kosten des Transportes des Bücher-lagers von Wien und Leipzig zur beklagten Partei auszulegen.

4./ Diese Kosten nachträglich bei Auflösung desVertragsverhältnisses zu verrechnen.

5./ Ueber die verkauften Bücher vierteljährlichRechnung zu legen

6./ 50% des Erlöses aus dem Verkauf der Bücherá konto des von ihr gegebenen Vorschusses für die Transport-spesen zurückzuhalten.

7./ Nur die bei der klagenden Partei erschienenenBücher und keinesfalls die von der Klagspartei herausgegebeneZeitschrift, welche überhaupt nicht in den Kommissionsvertraggehört, kommissionsweise zu verkaufen.

Weiter hat sie angeführt:

8./ Der beklagten Partei wurde der 50%ige Rabattbeim Verkaufe der Zeitschrift „Die Fackel“ nicht bewilligt,wiewohl sie darum ersucht hat. Die beklagte Partei hat aner-kannt, dass sie bezüglich des Verkaufes der Zeitschrift „DieFackel“ wie jeder andere blosser Abnehmer unter Gewährung

des üblichen Buchhändlerrabattes von 30% ist.

9./ Die Bücher der Klagspartei sind von Wien undLeipzig zu dieser transportiert und von ihr übernommen worden.

Die beklagte Partei bat mit dem Verkauf dieserBücher begonnen.

10./ Die beklagte Partei hat keine Verrechnungeneingeschickt und die der Klagspartei zustehenden Beträgenicht überwiesen. Erst über Mahnung des Rechtsanwaltes derKlagspartei von 25.I.1935 hat die Beklagte am 8.II.1935eine Verrechnung vorgelegt.

11./ Nach dieser Verrechnung beträgt der Erlös:I./ für die Bücher von Karl Kraus 5.016.75 KčII./ für die verkauften Hefte der Zeit-schrift „Die Fackel“ 2.807.70 "der Klagspartei war daher gemäss demKommissionsvertrag zu überweisen:III./ Die Hälfte des um den 50%igen Rabatt reduziertenErlöses aus dem Verkauf der Bücher im Betragevon 2.508.37 1.254.18 KčIV./ der um den 30%igen Buchhändlerrabattreduzierte Erlös aus dem Verkaufe derZeitschrift „Die Fackel“ welcher ge-mäss Berechnung der beklagten Partei2.807.70 Kč, nach der Klagspartei 2.187.50 Kčbeträgt.insgesamt 3.441.68 Kč,welche Verrechnung und Geldüberweisung am 1.I.1935hätte erfolgen sollen.

Die auf den Erlös aus dem Verkaufe der Zeit-schrift „Die Fackel“ entfallende Summe war der Klagsparteisofort nach Lieferung der Hefte dieser Zeitschrift, d.i. am6.8.1934, zu überweisen.

Die angeführten Beträge sind daher ab 1.I.1935und 7.8.1934 zu verzinsen.

Da sich die beklagte Partei weigert, dies zutun, und diese Forderungen der Klägerin bloss zu Gunsten derSpesen des Transportes der Bücher aus Leipzig und Wien zurBeklagten gutgeschrieben hat, beantragte die Klägerin gemässdem Klagsbegehren zu Recht zu erkennen.

Zum Vorbringen der beklagten Partei hat sieweiter angeführt: 12/ Jan Münzer war als Redakteur des České Slovo d.i. der von der beklagten Partei herausgegebenen Hauptzeitung,Bevollmächtigter der Beklagten und seine Handlungen sind auchspäter von der beklagten Partei voll anerkannt und akzeptiertworden. Jan Münzer selbst hat der Klägerin niemals mitgeteilt,dass er nicht berechtigt ist, für die beklagte Partei zu ha-deln.

13./ Der Kommissionsvertrag wurde zwischenden Streitparteien mündlich verhandelt und abgeschlossen.Der der Klägerin mit dem Briefe der Beklagten vom 30.III.1934 eingesendete Entwurf dieses Vertrages ist nur die schrift-liche Formulierung dieses Uebereinkommens und dazu noch zumTeil unrichtig, da sich die beklagte Partei durch diesenEntwurf versucht, im Widerspruche zu dem mit Jan Münzer münd-lich abgeschlossenen Kommissionsvertrage, Vorteile zu erwirken,nach welchem Vertrag ein 50%iger Rabatt und weiter verein-bart war, dass die Spesen des Transportes des Bücherlagersvon Leipzig und Wien nach Prag die beklagte Partei bezahlenwird, einen 60%igen Rabatt und die Bezahlung der erwähntenKosten durch die Klägerin zu erwirken.

Die Klägerin war daher gezwungen, sichdagegen zu verwahren, worauf die beklagte Partei anerkannthat, dass ihr nur ein 50%iger Rabatt zusteht. Bezüglichder Transportspesen hat sich dann die Klägerin dazu bereit-erklärt, dass diese vorläufig von der beklagten Partei aus-gelegt und dann nachträglich aus dem Erlös der verkauftenBücher gedeckt werden sollen.

14./ Da die beklagte Partei den Kommissions-vertrag ohne ordnungsgemässe Begründung und vollkommen grund-

los erst am 8.7.1935 aufgekündigt hat, wiewohl sie ihn ein-seitig nicht aufzulösen nicht berechtigt war, da zudem dieseKündigung von der Klägerin nicht zur Kenntnis genommen wurde,besteht der Kommissionsvertrag weiter, sodass die beklagtePartei nicht berechtigt ist, ihren Anspruch auf Ersatz derTransportspesen, der bisher nicht fällig ist, gegen denAnspruch der Klagspartei aufzurechnen.

Sie stellte den Antrag, gemäss dem Klagsbegehrenzu entscheiden.

Die beklagte Partei beantragt die kostenpflich-tige Abweisung der Klage und hat eingewendet:

I./ Der klagenden Partei, als Eigentümerin einesgrossen Bücherlagers in Wien und Leipzig, denen infolge derin Deutschland und Österreich herrschenden Verhältnissedie Gefahr der Vernichtung drohte, hat sich zu Beginn desJahres 1934 der Redakteur der Zeitung ČESKÉ SLOVO, Jan Münzer,dadurch angenommen, dass er die Uebernahme dieser Bücher-vorräte durch die beklagte Partei vermittelt hat.

II./ Jan Münzer ist und war nicht berechtigt, fürdie beklagte Partei zu handeln und sie zu verpflichten, waser der Klägerin selbst mitgeteilt hat und was diese als Kauf-mann wusste und wissen musste.

Jan Münzer hat deswegen auch immer nur inseinem Namen gezeichnet und niemals mit der Firmazeichnungder Beklagten unterschrieben.

III./ Auf Grund einer Unterredung des Direktorsder Beklagten, Dr. Bedřich Fučík, mit Jan Münzer, wurdedann anfangs Februar ein vorläufiges grundsätzliches Rahmen-übereinkommen abgeschlossen, nach welchem die beklagte Parteidas Lager der Firma Verlag „Die Fackel“ in Generalkommissionübernommen und vorläufig die Spesen des Transportes dieser

Bücher aus Leipzig und Wien für Rechnung des Verlages „DieFackel“ ausgelegt hat.

IV./ Da infolge der angeführten politischen Ver-hältnisse die Gefahr des Verlustes dieser Bücher bestandenhat, sind diese der beklagten Partei aus Wien und Leipzig früher übersendet worden, bevor die Einzelheiten des Kommis-sionsvertrages zu Ende vereinbart waren.

V./ Darauf wurde dann zwischen den Streitparteieneine umfangreiche Korrespondenz gewechselt und über die ein-zelnen Bestimmungen des Kommissionsvertrages eingehend dis-kutiert, die Parteien konnten sich lange nicht einigen, unaus-gesetzt wurden Abänderungsvorschläge unterbreitet und zuletztwurde im Brief vom 30.7.1934 folgendes Uebereinkommen bestätigt.

Die beklagte Partei übernimmt diese Ware gegen50% Rabatt in Kommission. Die Klägerin ersetzt alle Spesender Uebernahme dieser Ware durch die Klagspartei. Sonst istnichts vereinbart worden.

Insbesondere bestand keine selbstständige Ver-einbarung bezüglich der Hefte „Die Fackel“, sodass auchdiesbezüglich der Kommissionsvertrag gilt.

Subsidiär haben dann hinsichtlich dieses Kommis-sionsvertrages die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches überden Kommissionsvertrag und die in dieser Richtung bestehendenHandelsusancen im Buchhandelgewerbe zu gelten.

VI./ Der von der Klägerin behauptete Vertrag istdaher überhaupt nicht abgeschlossen und der von der beklagtenPartei eingesendete Vertragsentwurf nicht zu einem giltigenVertrage geworden.

VII./ Auch Jan Münzer hat einen solchen Vertragnicht abgeschlossen und war auch nicht berechtigt, einen sol-chen Vertrag für die beklagte Partei zu schliessen.

Diese Tatsache war auch der Klägerin bekannt und musste ihr

als protokolliertem Kaufmanne bekannt sein.

VIII./ Deswegen wurde die Ware von der beklagtenPartei nur auf Grund der im Briefe vom 3.VII.1934 angeführtenBedingungen in Kommission übernommen und zwar sowohl die Bü-cher, als auch die Hefte „Die Fackel“.

IX./ Ueber Ersuchen der Klägerin wurde ihr dannordnungsgemäss verrechnet.

Der zu Gunsten der Klägerin entfallende Rein-ertrag betrug 3.912.20 Kč; demgegenüber bestand eine Forderungder beklagten Partei von 10.717.– Kč für Transportspesen.Es wurde daher die Forderung der Klägerin zur teilweisen Ab-stattung ihrer Schuld von 10.717.– Kč gutgeschrieben.

X./ Da jedoch die Klägerin auf Erfüllung desvermeintlichen Vertrages bestanden und die Ueberweisung desin der gegenständlichen Klage von der Beklagten begehrtenBetrages verlangt hat, hat die beklagte Partei den Kommissions-vertrag aufgekündigt. Zu dieser Kündigung war die beklagtePartei jedenfalls berechtigt und zwar auch im Sinne des ver-meintlichen Vertrages vom 30.III.1934, nach welchem jedemPartner das Recht zustand, den Kommissionsvertrag jederzeitohne Angabe von Gründen aufzukündigen und die nichtverkaufteWare zu retournieren. Infolgedessen wurde ist die Forderung derbeklagten Partei per 10.717.– Kč auf alle Fälle fällig geworden.

XI./ Die Forderung von 10.717,– Kč wird bis zurHöhe des Klagsanspruches zur Aufrechnung eingewendet, wiewohldiese Kompensation von der beklagten Partei bereits im Briefe vom 8.II.1935 durchgeführt worden ist.

Das Gericht hat wie folgt erwogen:Bewiesen ist:

1./ Durch die Zeugenaussagen des Jan Münzer, Redakteurs derZeitung „České SLOVO“, und des Dr. Bedřich Fučík, Direktors desVerlages Melantrich, dass der Zeuge Jan Münzer die streitgegen-

ständliche Geschäftsverbindung zwischen der Klägerin und derbeklagten Partei bloss vermittelt hat und nicht berechtigtwar, sich für die beklagte Partei der Klägerin gegenüberzu verpflichten.

Das Gericht hatte keinen Grund, in die-ser Beziehung an der Wahrhaftigkeit und Richtigkeit dieserZeugenaussagen zu zweifeln, da sie durchaus klar, bestimmtund miteinander übereinstimmend waren und auf das Gericht den Eindruck der völligen Richtigkeit und Echtheit machten,der Sachlage entsprachen und durch den Inhalt der ganzenvon der Partei zum Beweise vorgelegten Korrespondenz unter-stützt sind.

2./ Durch die Zeugenaussage des Jan Münzer:Der klagenden Partei war diese ad 1/ angeführte Tatsache be-kannt.

Diesbezüglich hat das Gericht aus den ad1./ angeführten Gründen und auch deswegen der Aussage desJan Münzer Glauben geschenkt, weil sie durch den ganzen In-halt der von den Parteien vorgelegten Korrespondenz unter-stützt ist. Durch den Inhalt dieser Korrespondenz erscheintdem Gerichte als bewiesen, dass der Klagspartei als protokol-lierten Firma auf Grund der angeführten Korrespondenz bekanntwar und bekannt sein musste, dass der Zeuge Münzer diese ganzeAngelegenheit und zwar aus idealen Gründen bloss vermitteltund nicht berechtigt ist, die beklagte Partei zu verpflichten.So ist durch den Brief vom 11.IV.1934 / M. orig / bewiesen, dassJan Münzer der Klägerin ausdrücklich mitteilt, dass er stetsbereit ist, zu vermitteln. Dies geht ebenfalls aus dem Briefe vom19.X.1934 / X orig / und vom 20.X.1934 / Z orig / und daraus her-vor, dass Jan Münzer in dieser Korrespondenz niemals für diebeklagte Partei geschrieben, sondern immer nur mit der eigenenUnterschrift seines Namens gezeichnet und niemals über irgend-etwas selbstständig entschieden hat, sondern immer nur dieAnträge, Entscheidungen und den Willen der beklagten Partei

mitgeteilt und darauf verwiesen hat, dass er bloss vermittle.Schliesslich aus dem Umstande, dass mit dem entscheidendenAntrage des Kommissionsvertrages bloss die beklagte Parteiselbst aufgetreten ist. / Brief vom 30.III.1934, Beil. I origund undatierter Vertragsentwurf Beil. K orig. /

Ferner hat der diesbezüglich von der Klags-partei geführte Zeuge, Prof. Dr. Karl Jaray, nur angeben können,dass sich Jan Münzer ihm gegenüber immer nur als Angestelltender beklagten Partei bezeichnet hat, sodass festgestellt ist,dass er sich niemals als Vertreter oder Beauftragten der be-klagten Partei ausgegeben hat. Ferner, dass er aus dem Auf-treten des Jan Münzer schliessen musste, dass dieser mitWissen und Willen der beklagten Partei handelt. Daraus gehtam besten hervor, dass Jan Münzer nicht berechtigt war, diebeklagte Partei zu verpflichten, was die klagende Parteischon aus dem Auftreten des Jan Münzer und dies umsomehr er-kennen musste, als Münzer, wie der Zeuge Dr. Jaray selbstanführt, wenn er etwas vereinbart hat, sich immer an die be-klagte Partei gewendet und erst dann mitgeteilt hat, ob diebeklagte Partei darauf eingegangen ist. Schliesslich hatder Kläger, als Partei unbeeidet einvernommen, / § 371 Z.P.O. /selbst zugestanden, dass die beklagte Partei in ihrem Briefe vom 16.VI.1934 mitgeteilt hat, dass Jan Münzer nicht berech-tigt ist, für sie zu handeln und sie zu verpflichten, sodassein in dieser Hinsicht eventuell bestehender Irrtum der Klä-gerin weder durch die beklagte Partei, noch durch eine drittePerson und auch nicht durch Jan Münzer herbeigeführt wordenist, der beklagten Partei nicht bekannt war, diese war anihm nicht beteiligt und hat davon überhaupt nichts gewusst./ § 871 und 875 A.B.G.B. / Schliesslich ist durch den zitiertenBrief vom 16.VI.1934 / Beilage Q orig / erwiesen, dass ein sol-cher eventueller Irrtum der Klägerin noch rechtzeitig aufge-

klärt wurde / § 870 A.B.G.B. /, denn durch den zitierten Brief und den folgenden Brief vom 3.VII.1934 / R. orig / ist unzwei-felhaft erwiesen, dass zu dieser Zeit die Verhandlungen zwi-schen den Prozessparteien noch im Laufe und noch überhauptnicht abgeschlossen waren, der strittige Kommissionsvertragwar noch nicht abgeschlossen, sodass der Klagspartei indieser Richtung kein Schaden zugefügt worden sein konnte.

Deswegen hat das Gericht diesbezüglich derAussage des Direktors und Mitglieds des Verwaltungsratesder beklagten Partei, Jaroslav Šalda, der gemäss § 371 Z.P.O. einvernommen wurde, Glauben geschenkt, da diese Aussage klarund bestimmt, der Sachlage entsprechend war, auf das Gericht den Eindruck völliger Wahrhaftigkeit und Richtigkeit machteund durch alle hier angeführten Beweise unterstützt wird, weswe-gen das Gericht durch diese Aussage für bewiesen erachtet,dass Jan Münzer nicht berechtigt war, die beklagte Parteiin dieser strittigen Angelegenheit zu vertreten.

Demgegenüber hält das Gericht die Aussagedes für die Klagspartei unbeeidet einvernommenen Karl Kraus in dieser Richtung nicht für richtig, da sie zu allen ob-angeführten Beweisen in sichtlichem Widerspruche steht.Das Gericht hat auf Grund dieser Aussage die Ueberzeugung ge-wonnen, dass sich die Klägerin diesbezüglich offenbar im Irr-tum befindet und zwar aus den schon angeführten Gründen.

Durch die von den Prozessparteien zum Beweisevorgelegten Korrespondenz ist ferner bewiesen:Im Briefe vom 30.III.1934 / J. orig / ersuchte die beklagtePartei die Klägerin, sie möge ihr mitteilen, ob sie mit denim beigeschlossenen Vertragsentwürfe / K. orig / angeführtenBedingungen des Kommissionsvertrages einverstanden ist odereinen Abänderungsantrag stellt.

Diese Bedingungen waren:

1./ Die beklagte Partei bestätigt die mündlich verein-

barten Bedingungen, nach welchen die Generalkommissiondie Klägerin übernimmt.

2./ Der beklagten Partei gebührt ein 60%iger Rabatt.Die Transportspesen des Bücherlagers von Wien und Leipzig nach Prag bezahlt die Klagspartei.

3./ Die Verrechnung der verkauften Bücher geschiehtvierteljährlich. Von dem der Klägerin zustehenden Betrag/ 50% / wird die Hälfte der Klägerin überwiesen, die Hälftebehält sich die beklagte Partei zur Deckung der kreditier-ten Transportspesen.

Die im Absatz 4 und 5 angeführten Bedingungensind für diesen Prozess bedeutungslos.

Die Vereinbarung tritt mit dem Tage der Unter-schrift der beigeschlossenen Kopie dieses Briefes in Kraftund gilt so lange, solange nicht einer der Vertragspartnerden gegenteiligen Willen kundgibt.

Die Klägerin hat mit Brief vom 6.IV.1934 / 3 orig /ihre Einwilligung zu diesem Antrage erteilt, jedoch folgen-den Abänderungsantrag gestellt: Der Beklagten gebührt ein50%iger Rabatt.

Die Transportspesen bezahlt die Beklagte.

Mit den übrigen Bedingungen war sie einverstan-den, bezüglich des Punktes 3 wird angeführt, dass er der Klä-gerin unverständlich ist, sonst hat sie gegen ihn nichts ein-gewendet. In ihren Briefen vom 13.IV.1934 / N. orig / und vom18.5.1934 / P. orig / hat die Beklagte darauf bestanden, dassdie Klägerin die Transportauslagen bezahlen muss, erklärtesich jedoch mit einem 50%igen Rabatt einverstanden, währenddie Klägerin in ihren Briefen vom 24.IV.1934 / S. cop / aufdem 50%igen Rabatt und auf der Bezahlung der Transportspesendurch die beklagte Partei besteht. Schliesslich hat dieBeklagte den Brief vom 3.7.1934 / R. orig / einen 50%igen Rabattund die vorläufige Bezahlung der Transportspesen durch die

Beklagte gegen nachträgliche Verrechnung beantragt und er-sucht, die Klägerin möge bekanntgeben, ob sie mit diesen bei-den Punkten einverstanden ist. Darauf hat die Klägerinmit Brief vom 7.7.1934 / 7 orig / mitgeteilt, dass sie mit denso formulierten Punkten 1 und 2 einverstanden ist.

Auf Grund des oben Angeführten erscheint demGerichte bewiesen, dass es zwischen den Parteien zum Ab-schlusse eines Kommissionsvertrages gemäss den im Vertrags-entwurfe K orig angeführten und von der beklagten Parteiselbst beantragten Bedingungen, allerdings mit folgenden Ab- änderungen gekommen ist: An Stelle des im Absatz 1 angeführ-ten 60%igen Rabattes gebührt der beklagten Partei bloss ein50%iger Rabatt. Die im Absatz 2 angeführten Transportspesenhat zwar, wie von der beklagten Partei ursprünglich bean-tragt wurde, die Klägerin zu ersetzen, die beklagte Parteileistet jedoch auf diese Spesen vorläufig einen Vorschussin der Form, dass sie sie aus eigenem bezahlt und späteraus dem Erlös der Bücher deckt.

Ueber die Art der Deckung dieses Vorschusses giltnach Ueberzeugung des Gerichtes auch weiterhin der Absatz 3,gegen den die Klägerin keine Einwendungen erhoben hat undder dann, wie aus der nachfolgenden Korrespondenz ersicht-lich ist, nicht strittig war.

Daran ändert nichts, dass die Klägerin in ihremBriefe vom 6.4.1934 / 3 orig / anführt, dass ihr dieser Absatznicht verständlich ist, denn sie hat damals die Ansicht ver-treten, dass die beklagte Partei die Transportspesen selbstzu bezahlen und keinesfalls bloss zu kreditieren hatte, inwelchem Falle allerdings der Absatz 3 unverständlich wäre.Allein dieses Missverständnis wurde dann durch die oben an-geführte Korrespondenz beseitigt.

Nach der Ueberzeugung des Gerichtes ist derStandpunkt der beklagten Partei, dass es zum Abschlusse eines

Vertrages deswegen nicht gekommen sei, weil der Kläger immerwieder neue Vorbehalte gemacht hat, unrichtig. Vergleichtman die Briefe der beklagten Partei vom 3.7.1934 / R orig /mit dem Brief der Klagspartei vom 7.7.1934 / 7 orig /, kannnicht der geringste Zweifel darüber herrschen, dass es zwi-schen den Streitparteien zum Abschlusse eines Kommissions-vertrages und zwar auf Grund der im Entwurfe K orig ange-führten, allerdings hinsichtlich des Punktes 2 dieses Ent-wurfes teilweise angeänderten Bedingungen gekommen ist.Denn es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Klägerindie in der Beilage K angeführten Bedingungen akzeptiertund nur bezüglich der sub Punkt 2 des Entwurfes K orig ent-haltenen Bedingungen einen Abänderungsantrag gestellt hatund dass bezüglich dieses Abänderungsantrages später zwi-schen den Parteien auf Grund der Briefe vom 3.7.1934 / R. orig /und vom 7.7.1934 / 7 orig / eine Einigung erzielt wurde.

Zum Abschlusse eines Vertrages ist noch nichterforderlich, dass er etwa auf Grund zweier zwischen denVertragspartnern gewechselter Briefe abgeschlossen wird,sondern es ist möglich, dass der Vertrag auf Grund des Korres-pondenzwechsels der Partner abgeschlossen wird, sodass dieeinzelnen Vertragspunkte in einigen Briefen enthalten sindund nach und nach, keinesfalls auf einmal, vereinbart werden.

Nach Ueberzeugung des Gerichtes ist es aber zumAbschlusse eines perfekten und vollkommenen Kommissionsver-trages zwischen den Parteien gekommen, der alle essentialianegotii enthält. Schliesslich hat die beklagte Partei dieGiltigkeit des Vertrages aus dem Grunde der Unvollständigkeitnicht einmal eingewendet.

Dabei ist es unwesentlich, ob vielleicht dieKlagspartei später nach Abschluss des Kommissionsvertragesmit Recht oder zu Unrecht allfällige Vorbehalte gemacht hat,

insbesondere dass die sogenannten aktuellen Hefte der Zeit-schrift „Die Fackel“ nicht in das Kommissionsverhältnisfallen, da es sich, wie das Gericht auf Grund der von denParteien vorgelegten Korrespondenz als bewiesen erachtet,diesbezüglich nur um die Auslegung des bereits geltendenKommissionsvertrages in allen Punkten handelt und zwarauch bezüglich der sogenannten vereinbarten Valutaklausel./ Brief vom 7.7.1934 – 7 orig /

Der Abschluss des Kommissionsvertrages zwi-schen beiden Parteien ist daher erwiesen und nach diesemstand der beklagten Partei, als Kommissionärin, ein 50%igerRabatt vom Buchhändlerpreis zu. Die Verrechnung der über-gebenen Bücher hat vierteljährlich zu erfolgen.

Aus dem Verkaufserlös der Bücher, der zu50% der Klägerin zufällt, soll die beklagte Partei 25% zurDeckung des von ihr auf die Transportkosten geleistetenSpesenvorschusses zurückhalten und 25% der Klägerin über-weisen. Die Behauptung der Klagspartei, dass die Transport-kosten erst bei Auflösung des Vertragsverhältnisses zu ver-rechnen war, ist also nicht richtig. / Brief vom 3.7.1934R. orig und Entwurf Beilage K orig /

Es ist also noch festzustellen, ob die Aus-legung des Kommissionsvertrages, dass die aktuellen Hefteder Zeitschrift „Die Fackel“ nicht in das Kommissionsver-hältnis gehören, wie es die Klagspartei behauptet, richtigist. Diesbezüglich hält das Gericht durch die Aussage desDr. Karl Jaray und Jan Münzer in Verbindung mit den Briefenvom 24.IV.1934 / S. cop. / insbesondere der Be-klagten vom 18.5.1934 / P. orig /, 19.X.1934 / X orig / und 27.8.1934 / 9 orig / für bewiesen, dass die sogenannten aktuellenHefte der Zeitschrift „Die Fackel“, d.i. solange sie alsaktuell verkauft werden und nicht eine neue Nummer erschie-nen ist, wodurch das alte Heft „inaktuell“ wird, nicht

Gegenstand des zwischen den Prozessparteien abgeschlossenenKommissionsvertrages sind, sodass sich die Bedingungen die-ses Vertrages auf den Verkauf der sogenannten aktuellen Hef-te der Zeitschrift „Die Fackel“ nicht beziehen.

Insbesondere hat das Gericht diesbezüglich die Aussage desvon der beklagten Partei beantragten Zeugen Münzer berück-sichtigt, der selbst zugab, dass diese Hefte nicht Gegenstand des Vertrageswaren und in den Vertrag nicht hineingehören.

Die beklagte Partei war also nach den oben Ge-sagten verpflichtet, im Sinne des zitierten Kommissionsver-trages das mit der Klägerin abgeschlossene Geschäft mit derSorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes im Interesse derKlagspartei / Art. 361 H.G.B. / auszuführen. Sie hatte alsoden Erlös aus der verkauften und in den Kommissionsvertragfallenden Ware, keinesfalls also den der sogenannten aktuellenFackelhefte, der Klägerin vierteljährlich zu verrechnen,sich 50% als Rabatt zu behalten, von den restlichen der Klags-partei zustehenden 50% 25% auf den von ihr für die Transportspesengeleisteten Vorschuss zu verrechnen und 25% der Klagsparteizu überweisen.

Aus den bereits erwähnten Gründen und Tatbeständengent hervor, dass die kreditierten Transportspesen bloss ausden 25% des ebenerwähnten Verkaufserlöses ent fertigt richtet werdensollten und dass die beklagte Partei nicht berechtigt war,sich für sie aus dem Ertrage der verkauften sogenannten aktuel-len Fackelhefte bezahlt zu machen, welche nicht Gegenstanddes Kommissionsvertrages waren. Zu Unrecht hat daher die be-klagte Partei den ganzen der Klägerin gebührenden Ertrag aufihre Forderung für die Transportspesen / Brief vom 8.2.1935y orig / verrechnet. Es kann auch kein Streit darüber herr-schen, dass die ziffernmässige Höhe des Klagsanspruches ineinem, der Klägerin zweifellos zustehenden Masse begehrt wird,denn die beklagte Partei erkennt die Klagspartei in ihren Ab-

rechnung vom 8.II.1935 / y orig / und vom 8.7.1931 / E orig /mit einem diesen Betrag übersteigenden Anspruch, d.i. mitKč 3912.20.

Ferner hat das Gericht durch die Zeugen-aussage des Dr. Bedřich Fučík, des Direktors der beklagtenPartei, in Verbindung mit den Verrechnungen vom 8.II.1935/ y orig / ohne Datum / n orig / und vom 8.7.1935 / E orig /als erwiesen angenommen, dass die ziffernmässige Höhe dervon der beklagten Partei für die Transportspesen geltend-gemachten Forderung richtig ist.

Durch den Brief vom 8.7.1935 / E orig /erscheint dem Gerichte bewiesen, dass die beklagte Parteimit diesem Briefe der Klägerin den streitgegenständlichenVertrag aufgekündigt und infolgedessen neuerlich, wie siees schon in ihrem Briefe vom 8.II.1935 / y orig / getan hat,den ganzen der Klägerin zustehenden Betrag auf ihre Forde-rung für die Transportspesen verrechnet hat.

Es kann keinem Zweifel unterliegen, dassder Kommissionär berechtigt ist, Kommissionsverträge zu kün-digen. Da der Artikel 360 des H.G.B., der über den Kommis-sionsvertrag handelt, diesbezüglich keine nähere Bestimmungenthält, gelten hier subsidiär die zuständigen Bestimmungendes A.B.G.B., zumal der Kommissionsvertrag bloss eine quali-fizierte, meistens entgeltliche Bevollmächtigung darstellt.

Es gelten hier also die entsprechendenBestimmungen des § 1021 des A.B.G.B., nach welchen auch derMachthaber zur Kündigung der Vollmacht berechtigt ist.Wenn er sie aber vor Vollendung des ihm aufgetragenen odervermöge der allgemeinen Vollmacht angefangenen Geschäftesaufkündet, so muss er, dafern nicht ein unvorgesehenes undunvermeidliches Hindernis eingetreten ist, allen daraus ent-standenen Schaden ersetzen.

Daraus ergibt sich klar und unzweifelhaft,dass der Kommissionär berechtigt ist, das Kommissionsverhält-

nis zu kündigen, dass er jedoch, wenn er dies zur Unzeit tut,den etwaigen Schaden ersetzen muss. / § 1021 A.B.G.B. /

Durch den undatierten Entwurf / K orig / istferner bewiesen, dass der streitgegenständliche Kommissions-vertrag hätte solange gelten sollen, solange nicht eine derVertragsparteien den gegenteiligen Willen kundgibt. Es kannallerdings kein Zweifel darüber herrschen, dass nach den Er-fordernissen der Redlichkeit im rechtlichen Verkehr und derim Geschäftsleben herrschenden Grundsätze diese Kündigungnicht hätte zur Unzeit erfolgen sollen. / Artikel 278 und 279 H.G.B. / Durch die Briefe vom 8.7.1935 / E orig / und durchdie gegenständliche Klage, die am 7.6.1935 bei Gericht über-reicht worden ist, selbst, ist unzweifelhaft erwiesen, dassdie beklagte Partei den Kommissionsvertrag der Klägerin erstim Laufe dieses Prozesses aufgekündigt hat.

Nach der Ueberzeugung des Gerichtes istnach dem oben Gesagten der streitgegenständliche Kommissions-vertrag von der beklagten Partei zur Unzeit aufgekündigt wor-den, trotzdem ist diese Kündigung giltig.

Er wurde zur Unzeit aufgekündigt, weil dieKündigung erst im Laufe des Prozesses, also zu einer Zeit undunter Umständen erfolgt ist, welche es der Klagspartei un-möglich gemacht haben, das gegenständliche Kommissionsgeschäftanderswo unter gleichen Bedingungen durchzuführen. Es istdoch Pflicht des Kommissionärs, das Interesse des Kommitten-ten bei Ausführung des Geschäftes jederzeit zu wären und imFalle der Kollision beider Interessen gebührt dem Interessedes Kommittenten der Vorzug. / Artikel 361 H.G.B. / Dieser Ver-pflichtung hat jedoch die beklagte Partei nach der Ueber-zeugung des Gerichtes nicht entbrochen, da sie dem Kläger nicht, wie vereinbart, vierteljährlich Verrechnungen einge-schickt und sich vertragswidrig den ganzen gemäss dem Kommis-

sionsvertrage dem Kläger aus dem Erlöse zustellenden Betragauf Ihre Gegenforderung verrechnet hat, welche nach demKommissionsvertrage aus dem der Klägerin zustehenden Er-löse mit einer bestimmten Quote nach und nach hätte ent-richtet werden sollen und da sie zuletzt während des Pro-zesses, in welchem der Kläger sein Recht geltend machte,den ganzen Vertrag sichtlich nur deswegen aufgekündigthat, damit ihre Verpflichtung zur Bezahlung der eingeklag-ten Forderungen an die Klägerin erlösche. / Brief vom 8.7.1935 E orig /. Trotzdem ist jedoch diese Kündigung nach derUeberzeugung des Gerichtes giltig.

Die Kündigung eines Kommissionsvertragesdurch den Kommissionär hat allerdings zur Folge, dass derKommissionär in einem solchen Falle verpflichtet ist, demKommittenten den ihm dadurch entstandenen Schaden zu er-setzen. Eine solche auch zur Unzeit gegebene Kündigung hatGeltung. / Artikel 360 H.G.B., § 1021 A.B.G.B., KommentarStaub-Pisko aus dem Jahre 1910 Seite 424 /.

Die Kündigung des Kommissionsvertrages imgegenständlichen Falle kann selbstverständlich nur ex nuncund niemals ex tunc wirken, sodass die bereits bestehendenRechte und Verbindlichkeiten der Partner des Kommissions-vertrages unberührt bleiben und durch sie nicht berührtworden sind. Es besteht also weiterhin die Verpflichtungder beklagten Partei, der Klägerin für die Zeit vor dieserKündigung die bereits angefallenen Erträgnisse aus dem Ver-kaufe der Bücher / keinesfalls der sogenannten aktuellenHefte der Zeitschrift „Die Fackel“ / vierteljährlich zu ver-rechnen und der Klägerin 25% dieses Erträgnisses zu über-weisen.

Es würde nach der Ueberzeugung des Gerich-tes dem Erfordernis der Redlichkeit im rechtlichen Verkehrund den im Geschäftsleben herrschenden Grundsätzen, sowie

den guten Sitten / § 879 A.B.G.B. /, schliesslich auch derdurch das Gesetz dem Kommissionär im Verhältnis zum Kommit-tenten auferlegten Pflicht widersprechen, wenn sich die be-klagte Partei dieser ihrer vertraglichen Verpflichtung durchdie Kündigung des Vertrages und noch dazu während des Prozes-ses und sichtlich zur Unzeit entledigen dürfte. / Artikel278, 279 und 361 H.G.B. /

Die beklagte Partei hat demnach in ihremBriefe vom 8.II.1935 / y orig / und vom 8.7.1935 / E orig /ihre Gegenforderung für die Spesen des Transportes des La-gers nach Prag zu Unrecht mit dem Anspruch der Klägerinauf Auszahlung von 25% des Erlöses für die Bücher kompen-siert und diese Kompensation zu Unrecht während des Pro-zesses neuerlich durchgeführt, da diese Aufrechnung durchdie gegenseitige Einigung der Prozessparteien / durch denKommissionsvertrag / ausgeschlossen war und weil im Sinnedieses Kommissionsvertrages diese Gegenforderung der beklag-ten Partei im Gegensatze zu dem aus dem Erlöse der verkauf-ten Bücher bestehenden und vor dieser Kündigung bereitsentstandenen Klagsanspruch eine nicht fällige Forderungdarstellt. / § 1439 A.B.G.B. /

Was nun die sogenannten aktuellen Hefteder Zeitschrift „Die Fackel“ betrifft, so fallen diesenach Ansicht des Gerichtes zwar nicht unter den gegenständ-lichen Kommissionsvertrag. Nach der Ueberzeugung des Ge-richtes jedoch hat die beklagte Partei auch bezüglich desaus dem Erlös für diese Hefte der Klägerin zustehenden Be-trages die Aufrechnung mit ihren Transportspesen zu Unrechtdurchgeführt / Briefe vom 8.II.1935 y orig und vom 8.7.1935 E orig /, da gerade bezüglich diese Kosten bedungen war, dasssie nach und nach aus dem Erlöse für die verkauften Bücherder Klagspartei entrichtet werden sollen, sodass nach derUeberzeugung des Gerichtes auch diese Kompensation durch

die zwischen den Vertragsparteien ausdrücklich bezüglichder Verrechnung dieser Gegenforderung erfolgte Vereinbarungausgeschlossen war. / § 1440 bis 1443 A.B.G.B. /

Daran hat auch die unberechtigte und zur Unzeiterfolgte, wenn auch giltige Kündigung des Kommissionsver-trages nichts geändert, denn durch diese könnte die beklag-te Partei nicht grössere Rechte erwerben, als ihr ohne diesenunberechtigten und zur Unzeit erfolgten Akt zugestanden hätten.

Es stünde nach Ueberzeugung des Gerichtes imWiderspruche zu dem Erfordernisse der Redlichkeit und derim Geschäftsleben herrschenden Grundsätze, zu den Pflich-ten eines ordentlichen Kaufmannes und zu den guten Sitten,wenn sich die beklagte Partei auf diese Art ihrer vertrag-lichen Verpflichtungen entledigen dürfte. / § 879 A.B.G.B. und Artikel 278 und 279 H.G.B. /

Es musste daher auf Grund des oben Erwähntengemäss dem Urteilsenunziat entschieden werden.

Die Kostenentscheidung ist im § 41 Z.P.O. be-gründet.

Handelsbezirksgericht Prag Abteilung III, am 13. März 1936.L.S.

Dr. Ferdinand Langecker für die Richtigkeit der Aus-fertigung der KanzleileiterŠnoblová v.r.