194.3 Brief RA Johann Turnovsky an Samek

Materialitätstyp:

  • Durchschlag mit handschriftlichen Überarbeitungen

Schreiberhände:

  • Johann Turnovsky, schwarze Tinte

Sender

JUDr. JOHANN TURNOVSKY | Advokat
Vodičkova 33
Prag II.
Datum: am 26.III.1936
Betreff: Kraus – Dr. Schwelb

Empfänger

An: P.T. | Herrn Dr. Oskar Samek, | Rechtsanwalt
Reindorfgasse 18
Wien – XIV
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Doktor.

Bei der heutigen in obiger Angelegen-heit abgehaltenen Hauptverhandlung war der nichterschienene Dr.Schwelb durch seinen Verteidiger, Dr. Herbert Poláček, vertreten.

Dieser führte an, er habe gestern schrift-liche Beweisanträge überreicht, welche dem Akte allerdings nochnicht beigeschlossen waren. Ein Pare soll an mich direkt einge-sendet worden sein. Das Gericht konstatierte, dass der Antragtatsächlich gestern überreicht wurde, ich selbst habe die Gleich-schrift vorher nicht gesehen, da ich seit 8 Uhr früh bei Gericht war und gestern bis Kanzleischluss den betreffenden Antrag nichterhalten habe. Ich erklärte daher, mich nicht äussern zu können,da ich den Inhalt des Antrages nicht kenne. Der Richter konsta-tierte, dass die Anträge überhaupt keinen Beweisantrag enthaltenund hat mich als Zeugen einvernommen. Hierauf verkündete er dasUrteil, mit welchem Herr Dr. Egon Schwelb wegen Uebertretung des§ 2 des Gesetzes 108 aus dem Jahre 1933 bei Anwendung der §§ 260Z. 5, 389 und 393 Str.P.O. zu einer Arreststrafe von 3 Tagen miteinem Fasttag, bedingt mit einer einjährigen Bewährungsfrist, undzum Ersatz der Kosten der Rechtsvertretung per 150.– Kč verur-teilt wurde.

Als ich vom Gericht in die Kanzleikam, fand ich das mir direkt eingesendete und heute eingelangte

Pare der gegnerischen Beweisanträge vor und übersende Ihnen eineUebersetzung.

Indem ich bitte, Herrn Kraus davon zu verständigen,zeichne ich mit besten Grüssen an Herrn Kraus und Sie,

Ihr ergebener:Dr. Turnovsky

1 Beilage

KrausSozialdemokrat 27. MRZ. 1936