194.4 Brief Samek an RA Johann Turnovsky

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Reindorfgasse
XIV., Penzing
Datum: 31. März 1936
Betreff: Kraus – Dr. Schwelb
Diktiersigle: Dr.Sa/Bl.

Empfänger

An: Herrn | Dr. Johann Turnovsky, Advokat
Vodickova 33
Prag II.
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Kollege!

Mit bestem Danke auch von Seiten desHerrn Kraus bestätige ich den Empfang Ihres freund-lichen Schreibens vom 26. März 1936. Über das Urteil über Herrn Dr. Schwelb haben wir uns sehr gefreut, weiles hoffentlich dazu führen wird, dass die Leute end-lich einmal die kostbare Zeit des Herrn Kraus auf die-se Weise in Anspruch zu nehmen, aufhören werden. HerrKraus hat in Erwägung gezogen, den Schriftsatz mit denBeweisanträgen des Herrn Dr. Schwelb zum Gegenstand ei-ner neuerlichen Anklage zu machen, da er ja wirklich zumgrössten Teil nur Beleidigungen enthält und weit überdas hinausgeht, was Gegenstand einer Beweisführung seinkönnte. Insbesondere der letzte Satz des Schriftsatzes ist eine Infamie sondergleichen. Ich habe aber HerrnKraus zu erwägen gegeben, dass man sich hier mit nochkomplizierteren Fragen beschäftigen müsste, nämlich,ob sich ein Angeklagter strafbar macht, wenn er zu sei-ner Verteidigung beleidigende Behauptungen aufstellt.Auch besteht die Möglichkeit, dass das Klagerecht des-halb nicht mehr zu Recht besteht, weil ein diesbezüglicherVorbehalt bei der Hauptverhandlung von Ihnen gewiss

nicht, und begreiflicherweise nicht, gemacht worden ist. Soll-ten Sie aber anderer Ansicht sein, so ist ja das Klagerechtauch Mitte April noch nicht erloschen, an welchem Termin jaHerr Kraus in Prag sein wird.

Indem ich Sie von Herrn Kraus noch besonders herz-lichst grüssen soll, und Sie auch selbst herzlichst begrüsse,bin ich mit vorzüglicher,

kollegialer Hochachtung. Ihr ergebener

Kraus – Dr. Schwelb