195.31 Brief RA Johann Turnovsky an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

JUDr. JOHANN TURNOVSKY
Vodičkova 33
Prag
Datum: 1.III.1935
Betreff: AUFRUF

Empfänger

An: P.T. | Herrn Dr. Oskar Samek
Reindorfgasse 18
Wien – XIV
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Doktor.

Auf meinen, an Dr. Reiner gerichtetenBrief, in welchem ich mitgeteilt habe, Herr Kraus sei nurdeswegen bereit, den Prozess einzustellen, wenn die inIhrem Briefe vom 23.II. d.J. festgelegte Satisfaktionser-klärung veröffentlicht wird, weil er zur Ueberzeugung ge-langt sei, dass eine angemessene Uebersetzung seiner Aufsätze ins Tsche-chische nicht hergestellt werden könne, erhielt ich folgen-de Anwort:

„Ich habe von dem Inhalte Ihres gesch.Briefes vom 25. d.M. in Sachen des Herrn Karl Kraus gegendie Herren Ing. Egon Butschowitz und Dr. Friedrich Bill meinenMandanten Mitteilung gemacht, worauf mir diese erklärt haben,sie seien mit der Erklärung in der von Ihnen beantragtenForm einverstanden und bereit, diese Erklärung in der nächstenNummer der Zeitschrift „Europäische Hefte vereinigt mit demAufruf“ unter den Folgen des § 16 der Pressenovelle Nr. 126der Gesetzesammlung aus dem Jahre 1933 zu veröffentlichen./ dies habe ich verlangt; der § 16 berechtigt zur Einstellungdes Erscheinens der Zeitschrift, falls die Erklärung nichtveröffentlicht wird. /

Dagegen lehnen meine Mandanten den An-

spruch des Herrn Karl Kraus auf Kostenersatz ab und sind nurbereit, die Angelegenheit levatis expensis zu vergleichen,weil sie der Ansicht sind, dass die Klage unbegründet ist unddass sie daher selbst den Anspruch auf Kostenersatz hättenund Herrn Kraus entgegenkommen, wenn sie auf diesen Anspruchverzichten.

Ich hoffe, dass Herr Karl Kraus mit dieser Er-ledigung der Sache einverstanden sein wird und bitte um Ihregefälligst baldige Verständigung.“

Dazu gestatte ich mir zu bemerken: Mir persön-lich ist natürlich an dem Kostenersatze keinesfalls gelegen.Ich habe nur Bedenken, auf den Ersatz der Kosten zu verzichten,damit sich die beiden Angeklagten nicht einmal darauf berufenkönnen, Herr Kraus habe auf den Kostenersatz verzichten müssen,um überhaupt einen Vergleich, an dem ihm mehr gelegen war, alsden Angeklagten, zustandezubringen.

Wollen Sie mir daher bekanntgeben, ob Herr Kraus damit einverstanden ist, dass ich den Vergleich levatis expensisablehne und den Prozess weiterführe.

Mit dem Ausdrucke vorzüglichster HochachtungIhr ergebener:Dr. Turnovsky

KrausAufruf2. MRZ. 1935